Brot des Lebens, ein paar Scheiben

von Christoph Reichenau 8. Juni 2021

So viel los, wieder. Die persönliche Auswahl ist schwer. Erst recht schwierig, aus der Fülle unterschiedlicher Anlässe eine Handvoll zu empfehlen. Hier eine nicht repräsentative Liste für eher kleine, aber wichtige Orte.

Warum sind öffentliche Kulturveranstaltungen wichtig, ja unentbehrlich? In ihrem neuen Buch (Journal. Tagebuch in Zeiten der Pandemie, Frankfurt a.M. 2021) gibt Carolin Emcke eine klare Antwort:

«Und in dem Moment durchfährt es mich, noch schmerzlicher als all die eingeschlossenen Tage zuvor. Das ist es, was unverzichtbar ist, das ist es, was sich nicht ersetzen lässt, das ist es, warum es Kultur braucht wie Brot: das miteinander Denken in einem Raum, vor einem Bild oder einer Skulptur oder einer Bühne, das genaue Hinhören oder Hinschauen, nicht allein, sondern mit anderen zusammen, das Teilen und Mitteilen eines ästhetischen Eindrucks, einer musikalischen Erfahrung, die Auseinandersetzung über einen poetischen oder essayistischen Text, sich davon erschüttern, verstören, trösten zu lassen – das ist es, was es braucht. Übrigens auch: sich nicht ganz so leicht entziehen zu können, wenn andere um einen herum sind, sich einem Eindruck doch geduldiger, schonungsloser aussetzen zu müssen, in einem öffentlichen Raum, nicht sofort ausschalten zu können, wenn ein musikalisches Werk einen überfordert oder ein Kunstwerk bedrängt und verstört, sondern das, was es auslöst, auch auszuhalten und zu fragen, was genau es eigentlich ist, das irritiert oder berührt. Dafür braucht es eine Begegnung im Raum, in einer Galerie, in einem Konzert-Saal, im Theater, dafür braucht es andere Menschen neben einem, mit einem, ein Publikum» (Seite 111 f.).

Hier also ein paar Scheiben vom Brot des Lebens in Form einer chronologischen Liste.

10. Juni, 16:30-21 Uhr, Schloss Holligen, Holligenstrasse 44, Bern: «home over time», Fotografien von Rob Lewis mit poetisch-philosophischen Miniaturen von Jürg Halter. Bis 27. Juni – www.schlossholligen.ch.

 

 

10. Juni, 17 Uhr, Hochschule der Künste, Fellerstrasse 11, Bümpliz: Rundgang durch die Ausstellung «BASIS KUNST UND BAU – Macharten von Ost bis West» mit Kurator Ronny Hardliz. Thema ist Kunst am Bau, Kunst im öffentlichen Raum, jene Kunst also, die nicht lediglich für kurze Zeit in einer Ausstellung gezeigt wird, sondern – wie Architektur – lange wirkt. Lange und unausweichlich; wir können ihr nicht aus dem Weg gehen, sie wird uns zugemutet und zugetraut. An diese Kunst werden deshalb hohe Ansprüche gestellt. – Anmeldung per Mail: .

10. Juni, 18-20 Uhr, Affspace – Offspace für Architektur, Münstergasse 4: Eröffnung der Foto-Ausstellung «City of Abstraction» von Marius Lüscher. Bis 11. Juli – www.affspace.ch.

11.-13. Juni an verschiedenen Orten in Bern und Bümpliz, zu unterschiedlichen Zeiten: Erzählcafés von 60-90 Minuten, an denen Teilnehmende über ihr Leben berichten. Dabei ist Erzählen freiwillig, Zuhören jedoch Pflicht – www.netzwerk-erzaehlcafe.ch/erzaehltage.

12. Juni, 12-16 Uhr, Galerie Béatrice Brunner, Nydeggstalden 26:  Ausstellung Brigitte Lustenberger, «between mists of memory». Bis 3. Juli – www.beatricebrunner.ch.

 

 

12. Juni, ab 15.30 Uhr im Park an der Weissensteinstrasse 53, Bern: Ausstellung Raoul Ris, «le terrain vague de l’âme», Moderation Thomas Göttin / 19 Uhr Musikalische Lesung aus «Unfroh», dem ersten Roman von Stephan Mathys, Musik von Araxi Karnusian. Nur bei gutem Wetter – www.dachsart.ch

 

 

17. Juni, 20 Uhr, Dampfzentrale: Barbara Bleisch trifft Carolin Emcke, Journalistin, Buchautorin, Trägerin des Friedenspreises des deutschen Buchhandels. Zwei Zitate aus ihrem neuen Buch «Journal. Tagebuch in Zeiten der Pandemie», Frankfurt a.M. 2021): «Wer von Europa (sie meint die EU; CR) überzeugt ist bei aller Kritik, bei allem, was nicht ausreicht, bei allem, was nicht gerecht ist, nicht ökologisch, nicht demokratisch genug ist, muss dafür endlich in den Ring steigen.» Und: «In einer Demokratie gibt es keine nebensächlichen Bürgerrechte, weil es keine nebensächlichen Bürger*innen gibt. Es gibt nicht hier die sozialen, ökonomischen Nöte der Arbeiterklasse und da die kulturellen, politischen Nöte der Marginalisierten. Sie gehören immer zusammen. Die einen sind nicht mehr wert, nicht dringlicher, nicht relevanter als die anderen. Mal abgesehen davon, dass sie sich gar nicht so auseinander dividieren lassen.»

 

 

Bis 4. Juli, Kornhausforum: Ausstellung BESTFORM 2021 der Berner Design Stiftung mit einer Auswahl von Werken der Keramikerin Margareta Daepp (Berner Design Preis 2021), Objektgruppen aus der Sammlung angewandte Kunst des Kantons Bern sowie 14 von der Stiftung geförderten Projekten – www.bernerdesignstiftung.ch und www.kornhausforum.ch.