Abseits des grossen Bebens

von Christoph Reichenau 13. Juli 2018

Vor einer Woche machte der Stiftungsrat von KTB bekannt, dass er Stephan Märki und Sophie-Thérèse Krempl mit sofortiger Wirkung freigestellt hatte. Das Aufsehen erregende Ereignis verdrängte eine andere wichtige Information: die neue Zusammensetzung des Stiftungsrates.

An der von KonzertTheaterBern (KTB) am 6. Juli Hals über Kopf einberufenen Medienkonferenz wurde auch eine Mitteilung über die neue Zusammensetzung des Stiftungsrats ab dem 1. Juli abgegeben. 3 der 7 Mitglieder waren aus dem Rat zurückgetreten : Katrin Diem (ehemalige Leiterin Öffentlichkeitsarbeit des Stadttheaters, aktiv in vielen Gremien, 2016 vom Stiftungsrat glücklos als Nachfolgerin von Präsident Benedikt Weibel portiert), Guy Jaquet (CEO Hirslanden, vor der Fusion mit dem Stadttheater Präsident des Symphonieorchesters), und Dominique Folletête (ehemaliger Gemeindepräsident von Bremgarten und seit 2008 als Vertreter der Regionalkonferenz zuerst Mitglied der Verwaltung des Stadttheaters, dann des Stiftungsrats KTB).

Die Mitglieder des Stiftungsrates werden in einem zweistufigen Verfahren ernannt. : Die Stifter bestimmen vier Stiftungsräte, davon die Stadt Bern zwei einschliesslich des Präsidiums, der Kanton und die Regionalkonferenz Bern-Mittelland je eines. Die so bestimmten StiftungsrätInnen wählen ihre drei KollegInnen in Absprache mit den Stiftern; man nennt das Kooptation.

Das derart neu zusammengestellte Gremium sieht für die Amtsdauer vom 1. Juli 2018 bis 30. Juni 2020 so aus:
– Nadine Borter (Präsidentin und CEO der Werbeagentur Contexta – ernannt von der Stadt Bern, Präsidentin)
– Sibyl Matter (Fürsprecherin und Notarin, u.a. Stiftungsrätin PROGR– ernannt von der Stadt Bern)
– Marcel Brülhart (Fürsprecher, u.a. Stiftungsrat Dachstiftung Kunstmuseum-Zentrum Paul Klee sowie Präsident Bern Welcome – ernannt vom Kanton Bern)
– Ueli Studer (ehemaliger Grossrat SVP, ehemaliger Gemeindepräsident von Köniz und ehemaliger Präsident der Kulturkommission der Regionalkonferenz – ernannt von der Regionalkonferenz)
– Markus Hongler (CEO Mobiliar – kooptiert)
– Marianne Keller Tschirren (Leiterin der Fachstelle Kultur der Gemeinde Köniz, Vorstandsmitglied der Freunde des Symphonieorchesters – kooptiert)
– Ursula Nold (Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Bern, in verschiedenen Verwaltungs- und Stiftungsräten tätig, präsidiert u.a. die Delegiertenversammlung des Migros-Genossenschafts-Bundes – kooptiert).

Der Stiftungsrat ist wichtig

Nadine Borter, letztes Jahr vom Berner Gemeinderat gewählt, hat am 1. Juli das Präsidium übernommen. Ihr Amtsvorgänger Marcel Brülhart tritt nicht, wie auch schon vermutet, aus dem Rat zurück, sondern hängt zwei weitere Jahre an. Auch Markus Hongler sitzt schon einige Zeit im Stiftungsrat, die übrigen Mitglieder sind ganz neu.

Der Stiftungsrat ist wichtig. Er verantwortet den Betrieb der grössten Kultureinrichtung des Kantons Bern mit 550 Mitarbeitenden und einem Jahresbudget von 46,5 Millionen. 82% der Einnahmen sind Subventionen. KTB wird mit rund 38,3 Millionen Franken pro Jahr von der Stadt Bern (48%), dem Kanton (40%) und der Regionalkonferenz (12%) unterstützt. Der Subventionsanteil der Stadt macht mehr als die Hälfte der städtischen Ausgaben für Kultur aus. Umgelegt auf die Besuchenden belief sich die Subvention bei 119’000 belegten Plätzen in der Saison 2016/2017 auf Fr. 319.- pro Platz; zählt man die Besucher auswärtiger Auftritte hinzu (17’000), wird jeder Besucherplatz mit Fr. 280.- subventioniert. Von Zeit zu Zeit kommen ausserordentliche Ausgaben hinzu, zuletzt in den Jahren 2014-2017 45 Millionen für die Renovierung des Theatergebäudes am Kornhausplatz.

KTB geniesst das Vertrauen der Stadtbevölkerung. Der laufende Leistungsvertrag wurde mit 78,3% Ja-Stimmen angenommen, der erwähnte Sanierungskredit mit fast 76%. Das sind schöne Ergebnisse.

Ihnen muss man Sorge tragen. Vertrauen verflüchtigt sich rasch und ist schwer zurückzugewinnen. Und wenn der grösste Kulturbetrieb bebt, weil er sich vom nun abgetretenen Intendanten während langer Zeit anlügen lassen musste, kann dies auch andere kulturelle Einrichtungen beschädigen. Dass die Mehrheit der Mitglieder frei ist von der Last dieser Vergangenheit, ist eine Chance für den Stiftungsrat. Es ist auch eine Chance für die Bevölkerung.