KMB: Die Geschichte einer endlosen Planung

von Christoph Reichenau 17. August 2017

Seit ziemlich genau dreissig Jahren sucht das Kunstmuseum Bern zusätzlichen Ausstellungsraum für die Gegenwartskunst. Seit damals sind alle Versuche gescheitert, das Problem zu lösen. Eine Chronologie.

Einstmals war alles beisammen: Paul Klees Werke, ein gewachsener Bestand von Kunst seit dem Mittelalter, beachtliche Sammlungen von Gegenwartskunst, assoziierte Stiftungen mit namhaften Werken.

Ein universelles Museum

Beisammen im Kunstmuseum Bern (KMB) an der Hodlerstrasse 8-12 im 1879 eröffneten Stettlerbau und in dem 1983 hinzugekommenen Trakt des Ateliers 5 (A 5). Im neuen Trakt arbeitet die Verwaltung, wirkt das Institut für Kunstgeschichte der Universität (IKG), dient die grosse Bibliothek allen. Darin war zudem – damals ein vielbeachtetes Novum – das Kino untergebracht, unerlässlich für ein zeitgemässes Kunsthaus, das auch das sich entwickelnde Videoschaffen und Filme über Kunst, Künstlerinnen und Künstler ernst nehmen wollte.

Einstmals also war das KMB ein universelles Museum für visuelle Kunst aller Gattungen und fast aller Epochen. Fast, denn für Bern wichtige Kunstwerke aus dem Mittelalter befanden sich schon damals im Historischen Museum. Und für die Avantgarde der zeitgenössischen Kunst war spätestens seit Harald Szeemanns Direktionszeit (1961-1969) die Kunsthalle der international wahrgenommene Ort.

Erste Vision 1987

Die Geschichte zusätzlicher Ausstellungsfläche für das KMB beginnt etwa 1987. Noch in der Ära Christoph von Tavels tauchte die schöne Idee eines Museums für Gegenwartskunst auf: Ein Skulpturenpark am Aarehang, ein Pfad hinunter zum Blutturm, über einen Steg über den Fluss zur umgenutzten Brauerei Gassner.

In den 1990er Jahren bot Livia Klee an, ihre wertvolle Bildersammlung zu schenken, wenn Stadt und Kanton diese in ein Paul Klee gewidmetes Museum einbringen würden. Livia Klee, Ehrenbürgerin der Stadt Bern, war die Witwe von Paul Klees Sohn Felix. Unter Einbezug der Burgergemeinde Bern entstand eine Projektorganisation für beide Themen: Klee und Gegenwartskunst, allerdings mit klarem Vorrang für Klee.

Weitere Orte in der Stadt

Gesucht wurden geeignete Gebäude (darunter der Progr) und Bauplätze (etwa der untere Waisenhausplatz), ein internationaler Architektenwettbewerb wurde vorbereitet und über einen Schlüssel für die Kostentragung beraten.

Alles änderte sich mit dem Schenkungsangebot des Ehepaars Martha und Maurice E. Müller 1998: Weitestgehende private Finanzierung des Baus (zuletzt waren es gut 120 Millionen), Direktauftrag an Architekt Renzo Piano und Realisierung im Schöngrün, ab vom Stadtzentrum.

Als noch die Klee-Stiftung vom KMB auf das ZPK übertragen wurde, stand das KMB mit Bezug auf Kunst und Ort im Abseits. Umso intensiver trieb es mit der Stiftung Kunsthalle (Präsident Jobst Wagner), die dafür ihre Statuten ergänzte, die Idee eines Museums für Gegenwartskunst voran. 2000 lag unter dem Titel «Wanderndes Zeitfenster» das von Hans Rudolf Reist erarbeitete Konzept vor und auch der Ort war gefunden: der Progr. Private, darunter Donald Hess und Jobst Wagner, stellten erhebliche Finanzbeträge in Aussicht, die allerdings nicht ausreichten.

Wettbewerb

Der Durchbruch schien im Herbst 2003 zu gelingen: Hansjürg Wyss, ehemals Schüler im Progr, in den USA reich geworden mit der Firma Synthes (sie produziert Implantate für eine neue Operationstechnik, die Maurice E. Müller und Kollegen entwickelt haben), bekundete Interesse an der Mitfinanzierung einer neuen KMB-Abteilung für Gegenwartskunst im Progr und unterzeichnete im August 2004 beim 125-Jahr-Jubiläum des KMB eine entsprechende Absichtserklärung. Schon im November zog er sich aus nie wirklich erklärten Gründen wieder zurück.

Mit Geld der Wyss-Stiftung GegenwART führte das KMB 2006 einen Architekturwettbewerb für einen Zusatzbau auf dem eigenen Terrain durch. Dessen Siegerprojekt («an_gebaut»), das eine wesentliche Vorgabe der Wettbewerbsausschreibung verletzte, scheiterte am konsequenten Veto der Denkmalpflege. Das zweitrangierte Projekt «Scala», ein unterirdisches Museum im felsigen Hang des Aaretals, wurde 2009 fallen gelassen, als man erkannte, dass seine Kosten den vorgegebenen Rahmen von 10 bis 11 Millionen Franken bei weitem überstiegen (die Rede war von gut 20 Millionen).

Konzentration auf das eigene Haus

Nun schlug Patrick Jordis Stunde. Der Architekt bot an, vorerst auf eigene Kosten zu evaluieren, ob im Innern des A-5-Trakts zusätzliche Ausstellungsfläche für Gegenwartskunst geschaffen werden könnte. Im Trakt waren die Verwaltung des KMB, das IKG, die gemeinsame Bibliothek IKG/KMB sowie das Kino Kunstmuseum untergebracht. In ein paar Jahren, das war bekannt, sollte das IKG an die Mittelstrasse umziehen. Das Kino suchte nach Verschlechterung des Mietvertrags (Verkürzung der Kündigungsfrist) von sich aus eine neue Lösung (im «Rex» an der Schwanengasse).

Im Sommer 2010 war die Rede von einer Inhouse-Ausstellungslösung im A-5-Trakt. 2013 präsentierte das KMB das von Jordi + Partner AG entwickelte Projekt mit 600 Quadratmetern Fläche und Kosten von 8,7 Millionen. Es wurde als «Goldader» im eigenen Haus bezeichnet, die es in «künstlerischen Mehrwert» umzusetzen gelte. Das Geld geben sollten Sponsoren und das KMB selbst. 2014 erhielt das Vorhaben die Baubewilligung.

«Modernisierung KMB»

Dann war es lange still. Der KMB-Stiftungsrat stellte im Frühsommer 2015 an den Kanton ein Finanzierungsgesuch. Die viel aufwendigere Sanierung des A-5-Trakts kam darin nicht vor.

Im Sommer 2015 wurde die KMB und ZPK überdachende neue Stiftung gegründet mit Jürg Bucher als Präsidenten. Die Stiftung ordnete eine Neubeurteilung des Projekts an.

Im Juni 2017 ist jetzt auf einmal das bewilligte «Goldader»-Bauprojekt Bestandteil eines Gesamtvorhabens «Modernisierung KMB» mit momentan geschätzten Kosten von 40 Millionen. Nach der Medienkonferenz ist nicht klar, welcher Anteil der Kosten von der «Goldader» und welcher von der Sanierung des A-5-Trakts verursacht wird. Dies klar zu unterscheiden wird aber nötig sein, denn der um Unterstützung angefragte kantonale Lotteriefonds finanziert nur Wertvermehrung, wogegen die ausschliesslich Substanz erhaltende Sanierung aus dem Staatshaushalt mitzuberappen ist.

Unterhaltsplanung

Wohl wegen der Fokussierung auf neuen Raum geriet der Unterhaltsbedarf des KMB aus dem Blick. Eine mittelfristige Planung für den Erhalt der Funktionsfähigkeit der Liegenschaft wurde erst 2016 erarbeitet. Gut möglich, dass erst dabei der prekäre Zustand der Klimaanlage entdeckt worden ist.