Kunst-Stafette #52: Carlo Schneider

von Magdalena Schindler 2. Februar 2016

Mit spitzem Pinsel und Humor verschafft der Cartoonist Carlo Schneider der Kunst einen Platz im öffentlichen Raum von Bern. Für Journal B präsentiert er die Kunst als eine Baustelle, die zu Fragen nach Definition und Halbwertszeit von Kunst herausfordert.

Was hat dich zu dieser Arbeit veranlasst?

Carlo Schneider:

Als Zeichner der Satire möchte ich den Künstlern und auch ihrem Publikum den Spiegel vorhalten und zeigen, mit welchem religiösen Ernst sie die Kunst wahrnehmen. Ich bin der Meinung, Kunst hat zu sehr etwas von Läuterung und Seriosität. Sobald man Humor oder Satire einbringt, gerät man auf ein Nebengleis und das Geschaffene ist nicht mehr «galerietüchtig», was eigentlich sehr schade ist.

Am liebsten mögen die Leute Kunstwerke, die auch als solche auszumachen sind, also nicht mit dem Rahmen um sie herum zu verwechseln sind. Demnach versucht die Kunstszene wieder sehr ernsthaft, mit Installationen und Performances dagegenzuhalten und zu provozieren.

Ich bin als früherer Aquarellist zur Karikatur und auch zur Pressezeichnung konvertiert und mag es weiterhin, meine Arbeiten neben ihrer politischen oder gesellschaftlichen Aussage als Aquarell oder Landschaftsbild auszumalen. Es ist schade, dass die Zeichnungen nur als Druck oder Kopie in den Medien ihre Stelle haben, die Originale aber selten Interessenten finden. Mein Eindruck ist, dass der Begriff Cartoon daher kommt, dass alle Originalzeichnungen in einem Karton auf dem Estrich landen…

Welchen Raum brauchst du für deine Kunst?

Als Pressezeichner brauche ich vor allem die Medien als Plattform und als Raum für meine Publikationen. Es geht ja darum, kurzfristig Meinungen oder Kritiken zur Aktualität zu verbreiten. Wenn ich einen Raum suche, dann vor allem in Form einer Kulisse, um meiner zeichnerischen Aussage Lokalcharakter zu verleihen.

Sind gesellschaftliche Fragen Thema deiner Kunst?

Gesellschaftliche und politische Fragen sind in meiner Arbeit das A und O. Dementsprechend muss ich auch die Aktualität in diesen Bereichen verfolgen und versuchen zu entziffern.

Suchst du die Öffentlichkeit?

Wie gesagt, die Öffentlichkeit ist für meine Arbeit notwendig. Auch arbeite ich am liebsten «live», indem ich beispielsweise an Tagungen und Kongressen vor Publikum die besprochenen Themen innerhalb von Sekunden zu Papier bringe.

Wo siehst du Potenzial zur Nutzung des öffentlichen Raums?

Cartoon und Karikatur ist eine Ausdrucksform, die in ihrer Umsetzung den Faktor Überraschung braucht. Die unerwartete Umsetzung einer Idee hat am meisten Aufmerksamkeit und Erfolg. Dementsprechend wäre es auch interessant, die Menschen an «unerwarteten» Orten mit Karikaturen zu überraschen. Wie wäre es mit einem Event in Bern, an dem man für ein paar Tage an verschiedenen Orten zu einem definierten Thema Plakate mit Cartoons aufhängt, die an einem bestimmten Tag gleich vor Ort gezeichnet würden!?

Welches ist dein persönlicher Hotspot in Bern?

Räumlich gesehen stellt Bern für mich eine wunderbare Kulisse für meine Arbeit dar. Eigentliche Hotspots sind die Menschen, die sich überall darin bewegen und leben. Sie sind für meine Arbeiten Modell und Publikum zugleich.