Kunst-Stafette #19: Juerg Luedi

von Magdalena Schindler 29. Juli 2014

In einem performativen Trauerspaziergang hat Juerg Luedi auf der Kornhausbrücke einen vorübergehenden Ort des Loslassens inszeniert. Sein Arrangement lässt sich als Plädoyer für einen zeitgemässen und variablen Umgang mit Ritualen verstehen.

Was hat dich zu dieser Arbeit veranlasst?

Juerg Luedi:

Im Rahmen meiner Masterarbeit «Rituale und Gesten im Abdankungs- und Bestattungskontext von Sarnen» (2013) habe ich angefangen, mich mit zeitgenössischen Trauerrituale auseinanderzusetzen. Nach dem Tode meines Vater und meiner persönlichen Erfahrung des «Sozialen Todes», begann ich mich für den Friedhof als öffentlichen Raum zu interessieren.

Mit meiner performativen Installation «deposit mourning walk #2» wollte ich die Gedanken der Passanten beim Betrachten eines solchen Gebindes an einem solchen Ort in Gang bringen. Die Interpretation liegt beim Publikum, das seine persönlichen Erinnerungen mitbringt – unabhängig von meiner eigenen Ausgangslage. Das «Stillleben» Trauer repräsentierend, blieb es für die Dauer eines Monates stehen, in Anlehnung an bestimmte Trauerzeiten in vielen Kulturen. Das Schöne war, dass während dieser Zeit PassantInnen selber mit zusätzlichen Kerzen und Blumen intervenierten und – in Anbetracht der Raumsituation und sogar während des Cupfinales – niemand die Arbeit zerstörte oder fledderte. 

Welchen Raum brauchst du für deine Kunst?

Meine Interventionen im öffentlichen Raum reflektieren die «Dreiheit des Raums» und die (vergessenen) Narrative des Alltäglichen, wie sie Henri Lefebvre, ein französischer Soziologe und Philosoph, in seinem Werk die «Produktion des Raums» definiert hat. In Bezug auf den Erinnerungsaspekt der Orte und der Räume, möchte ich mit ihnen das Konzept der «Contact Zones» als soziale Räume überprüfen, in denen verschiedene soziale und kulturelle Positionen in Kontakt kommen und eine Koexistenz finden. Meine künstlerische Strategie verlangt einen Ort, der als etwas Eigenes beschrieben werden kann und deshalb als Basis zur Organisation von Beziehungen zum Aussen dient.

Sind gesellschaftliche Fragen Thema deiner Kunst?

Im Sinne von Jan Platvoet, einem niederländischen Ritualforscher, verstehe ich die performativen Interventionen als ortsspezifische Happenings, die zu einer bestimmten Zeit, für eine spezielle Gelegenheit einem gemeinsamen Raum Bedeutung verleihen sollen, durch den Einsatz von passenden, kulturell spezifischen, korrespondierenden Konstellationen von Kernsymbolen.

Suchst du die Öffentlichkeit?

Da ich gerne im öffentlichen, nicht-musealen Raum arbeite und neben den Ritualisierungen Alltagspraktiken für mich zentral sind, ist es folgerichtig, dass ich die Öffentlichkeit suche.

Wo siehst du Potential zur Nutzung des öffentlichen Raums?

Für diese Frage verweise ich gerne auf meinen Blog «Public Spheres Practices»: http://publicspherespractices.wordpress.com/

Welches ist dein persönlicher Hotspot in Bern?

Mein Hotspot ist der Neustadt-Perimeter, der sich von der Reitschule bis zum Waisenhausplatz und von der Hodlerstrasse bis zur Speichergasse erstreckt. Das von mir 2012 in der Stadtgalerie kuratierte Projekt «NEUstadt-labs 20 stops» hat verschiedene künstlerische Positionen gezeigt und vom 4. bis 7. September 2014 wird das NEUstadt-lab die Stops no 10 (Hodlerstrasse) und no 15 (Blauzone/Schützenmatt) auf Einladung des Labors Schützenmatt der Präsidialdirektion der Stadt Bern umsetzen können. http://www.poolart.ch/mainmenu/work/20stops/20stops_home.htm

 

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