Zehn Fragen an Rahel Bucher vom Heitere Fahne-Team

von Rita Jost 15. April 2020

Das kulturelle Leben steht still. Beizen geschlossen, Theater und Konzerte abgesagt. Auch in der Heiter Fahne, dem Kulturlokal in Wabern. Rahel Bucher, Mitbetreiberin und Frau der ersten Stunde, macht sich Sorgen um ihre Leute und ums Danach in der «Heitere».

Wo erreichen wir dich gerade?

Auf der Rigi. Ich bin hier seit drei Wochen mit meiner Familie und einigen Leuten aus dem Heitere Fahne-Team in einer Alphütte in der selbstgewählten Isolation.

Was tut ihr da?

Wir versuchen von hier aus gerade, einen sinnvollen Umgang mit dem Stillstand zu finden. Das heisst: Wir arbeiten an unseren Projekten weiter, kreieren Neues und halten irgendwie unser Kollektiv zusammen.

Ein Betriebsteam von ferne zusammenzuhalten, wie geht das?

Es ist tatsächlich eine nicht ganz einfache Sache. Wir sind ja ein sehr bunt gemischtes Kollektiv von Menschen – auch von Menschen mit besonderen Ausgangslagen. Gerade für ein inklusives Team stellt das Wegfallen einer Tagesstruktur und des physischen Zusammenseins eine grosse Herausforderung dar. Sonst sind wir ja immer als rund dreissigköpfiges Kollektiv unterwegs, jetzt gibt es uns in verschiedenen Kleingruppen. Eine Gruppe zum Beispiel ist immer noch in der Heitere Fahne aktiv, lebt und arbeitet dort. Ganz viele andere sind irgendwo verstreut mit ihren Freund*innen, Partner*innen, Familien oder in ihren WGs. Wir versuchen so gut wie möglich die Kontakte zu pflegen, Sitzungen per Zoom abzuhalten, einander zu schreiben und natürlich auch gemeinsam vorwärts zu schauen.

Was tätet ihr denn jetzt grad in normalen Zeiten?

Jetzt gerade wären wir mitten im Heitere-Alltag engagiert: Sitzungen, Teampflege, Gesuche stellen, Projekte planen und umsetzen, buchen, umbauen, reparieren, dekorieren, kochen, servieren… Der Restaurantbetrieb würde laufen, die Mittagstische für die Schulkinder aus Wabern und die Kreativ- und Theaterateliers für Menschen mit und ohne Behinderungen. Zudem würde bei uns im Moment das neue Theaterstück von Timmermahn spielen. Darauf haben wir uns sehr gefreut. Die Theaterleute würden bei uns ein- und ausgehen, die Besucher*innen kämen in Scharen (lacht) und würden unseren Alltag mitprägen.

Was bereitet Dir im Moment am meisten Sorgen?

Das Durchstehen und das Danach der Corona-Zeit. Ich sehe das als eine Menschheitsaufgabe, die uns als Gesamtgesellschaft herausfordert wie nichts zuvor. Es beschäftigt mich, wie wir das bewältigen werden. Sorgen bereitet mir auch, nicht zu wissen, wie lange dieser Stillstand andauert, wie wir ihn durchstehen, und in welcher Form wir unseren Betrieb wieder aufnehmen können. Wir haben Kurzarbeit beantragt und auch bewilligt bekommen. Das gibt zumindest ein wenig Entlastung. Ganz schlimm wäre für uns, wenn wir das Gugusgurten Festival im Juli nicht durchführen könnten. Das ist der jährliche Benefizanlass für die Heitere Fahne, der uns die Jahresmiete einspielt.

Was vermisst du am meisten?

Den nahen Austausch mit meinen liebsten Leuten. Die ganz persönlichen Kontakte. Es ist krass, wie sehr sich der Alltag verändert, wenn diese Kontakte fehlen.

Dein Rezept gegen Lagerkoller?

Es hängt von der Tagesform ab. Manchmal versuche ich einfach, mich diesem Stillstand hinzugeben, schlicht zu akzeptieren, dass man jetzt ganz viel halt nicht tun kann. Und wenn ich Energie habe, dann versuche ich an das Danach zu denken, zu planen, Lösungen zu suchen, aktiv zu werden.

Welche neue Erkenntnis, Errungenschaft, Gewohnheit möchtest du hinüberretten in die Nachcoronazeit?

Das Herumstressen würde ich gerne ablegen. Ich möchte mich wieder öfter vertieft mit Dingen beschäftigen. Und einen ruhigeren Umgang mit mir, meinen Mitmenschen und den Kindern finden.

Was gibst du trotz Krisenmodus nicht auf?

Ich versuche weiterhin zu schreiben. Und ich meditiere, das ist mir wichtig. Und ich versuche, mit den Kindern einen gut strukturierten Tagesablauf zu finden.

Wen möchtest du gerade am sehnlichsten umarmen?

Meine Mutter.