Von Essen und Verschwenden – SIBA V

von Luca Hubschmied 13. Oktober 2016

Strenge Normen und nachlässiges Handeln führen dazu, dass in der Schweiz ein Drittel aller verfügbaren Lebensmittel gar nie auf dem Teller landen. Der Berner Verein foodwaste.ch will dies ändern, wir haben mit der Geschäftsleiterin Dominique Senn gesprochen.

Lange Tafeln vor der Heiliggeistkirche und hunderte Menschen in einer Schlange vor der Essensausgabe. Am 22. September, anlässlich des grossen Foodsave Banketts, landeten Nahrungsmittel auf Tellern, die ansonsten ihr Ende im Inneren eines Kehrichts gefunden hätten. Zur Aktion gegen die Essensverschwendung, neudeutsch «Food Waste», hatten an die 20 Organisationen eingeladen, darunter auch der Verein foodwaste.ch mit Sitz in Bern. «Dieser Anlass ist ein gutes Beispiel», erklärt Dominique Senn, die Geschäftsführerin von foodwaste.ch, «da er zeigt, dass in diesem Bereich die Zusammenarbeit zwischen den verschiedensten involvierten Parteien gut funktioniert.» Foodwaste.ch wurde 2012 von Claudio Beretta, João Almeida und Markus Hurschler gegründet. Die Idee für das Engagement stammt von Claudio Beretta, der eines Tages stutzig wurde ab der gut gefüllten Auslage einer Bäckerei kurz vor Ladenschluss. Die Beobachtung führte ihn zur Frage, was denn anschliessend mit den ganzen Backwaren geschehe.

Tummelplatz Bern

In den letzten Jahren hat das Thema Food Waste schweizweit an grosser Aufmerksamkeit gewonnen. Es fällt aber auf, dass sich im Raum Bern besonders viele verschiedene Initiativen diesem Thema gewidmet haben, wie etwa «Bern isst Bern», die Äss-Bar in der Marktgasse, oder «Ygmachts & So». Der Verein foodwaste.ch sieht aber seine wichtigste Kompetenz in der Sensibilisierung von Konsumenten und der Informationsarbeit: «Gerade im Konsumentenbereich passiert noch zu wenig», stellt Dominique Senn klar, «obwohl 45% der weggeworfenen Lebensmittel in Privathaushalten anfallen.» Der Verein gehörte 2012 zu den Ersten, die das Thema aufgegriffen haben, noch heute stammen viele der Zahlen zu dem Thema aus den Masterarbeiten von Claudio Beretta und João Almeida.

Ausstellungen und lange Tafeln

In Zukunft will der Verein foodwaste.ch noch mehr den Austausch mit Gleichgesinnten suchen und möglichst viele davon an einen (mehr oder weniger symbolischen) Tisch bringen: «Wir würden gerne eine Plattform für dieses Thema bieten und verlinken schon jetzt auf unserer Seite viele andere Projekte oder verbreiten sinnvolle Aktionen über unsere Kommunikationskanäle.» Mit einer Wanderausstellung, deren Projektleiterin Dominique Senn ist, zieht der Verein seit Herbst 2014 durch die Schweiz und war dabei etwa an der BEA in Bern, der muba Basel oder der OLMA zu Gast. Weiter organisiert foodwaste.ch die Anlässe «Deine Stadt tischt auf», wo unverkäufliche Lebensmittel verwendet werden, um daraus Menus zu kochen, die gratis abgegeben werden. Die viele Projektarbeit vermag ein grosses öffentliches Bewusstsein zu schaffen, hält eine Organisation wie foodwaste.ch aber sehr auf Trab, meint Dominique Senn: «Dass unsere Projekte finanziert werden können hat Priorität. Häufig arbeiten wir in diesem Zusammenhang mit Gemeinden, Institutionen und Stiftungen zusammen. Mit privaten Organisationen gestaltet es sich schwieriger, da diese oft der Gastroszene nahestehen und schneller in einen Interessenkonflikt schlittern.»

Nun wird gehandelt

Gerne würde der Verein seine Mitgliederbasis erweitern, wie Senn bestätigt: «Das ist aktuell unsere grösste Herausforderung. Wir haben momentan etwa 150 Mitglieder, womit wir natürlich noch nicht zufrieden sind. Eine breitere Abstützung aufzubauen braucht allerdings Ressourcen und die sind bei uns eben häufig an Projektarbeit gebunden. So entsteht ein ungünstiger Kreislauf, den wir nun durchbrechen müssen.» Zu tun gibt’s also weiterhin genug, auch wenn Dominique Senn die Entwicklung der letzten Jahre durchaus positiv beurteilt: «Die Bekanntheit des Themas hat definitiv zugenommen, dauernd finden sich neue Beiträge in den Medien. Nun geht es darum, Wissen über die konkrete Umsetzung zu verbreiten. Vom Denken zum Handeln quasi.»