Faire Kleider kaufen, auch in Bern

von Urs Frieden 14. Dezember 2015

Das Bewusstsein für fair produzierte Kleindungsstücke wächst auch in Bern, sagt René Roggli, Geschäftsführer von Nordring Fair Fashion. Journal B hat dem Laden in der Lorraine einen Besuch abgestattet.

René Roggli, uns sind KAG-Eier, Havelaar-Kaffee oder Bio-Fleisch sehr geläufig. Aber was sind faire Kleider?

René Roggli:

Einerseits werden die Kleider unter fairen Arbeitsbedingungen produziert. Andererseits sind die verwendeten Rohstoffe und Materialien meistens auch Bio. Das heisst, es wird keine konventionelle Baumwolle, bei der üblicherweise massiv Pestizide eingesetzt werden, verwendet, sondern Biobaumwolle und weitere Naturfasern wie Hanf, Leinen, Wolle, Holz, Eukalyptus oder Bambus. Das wichtigste aber ist die Kontrolle, ob die sozialen Standards eingehalten werden.

Was gehört in dieser Branche alles zu den sozialen Standards?

Zuerst die Standards für Arbeiterinnen und Arbeiter: In Betrieben geht es Fairtrade darum, durch die Standards soziale Rechte und Sicherheit am Arbeitsplatz der Beschäftigten zu fördern. Zwangsarbeit und ausbeuterische Kinderarbeit sind verboten. Die Löhne müssen mindestens so hoch sein wie die branchenüblichen Tariflöhne oder die gesetzlichen Mindestlöhne. Massnahmen zum Gesundheitsschutz und Arbeitsschutz müssen umgesetzt, sichere Arbeitsplätze ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen gewährleistet werden. Im Betrieb muss eine unabhängig gewählte Vertretung der Beschäftigten eingerichtet sein, zum Bespiel eine Gewerkschaftsvertretung. Eine Vertretung der Arbeiterinnen und Arbeiter – das Fairtrade-Prämien-Komitee – ist verantwortlich für die Verwaltung der Fairtrade-Prämiengelder.

Eine lange Liste!

Es kommen noch die Standards für Kleinbauernorganisationen, für Vertragsanbau und für Arbeiter und Arbeiterinnen auf Plantagen hinzu: Alle Standards enthalten Kriterien zu den Bereichen Soziales, Ökonomie und Umwelt. Die Kleinbauern-Organisationen müssen demokratisch organisiert sein. Der Erlös muss gleichberechtigt unter den Mitgliedern verteilt werden. Jedem Mitglied muss es möglich sein, an Entscheidungsprozessen innerhalb der Organisation mitzuwirken.

Gibt es für faire Kleiderproduktion auch Labels? Und was wird da untersucht?

Es gibt diverse Labels: GOTS, FLO, Fairwear Foundation und weitere. Kontrolliert werden die Verarbeitung von Textilien aus biologisch erzeugten Naturfasern und gleichzeitig die einzuhaltenden Sozialkriterien. Genaue Informationen findet man im Internet (Links siehe Kasten).

Faire Kleider in Bern – wer macht da alles mit?

Der Markt ist noch klein. Neben Nordring Fair Fashion gibt es zum Beispiel den Weltladen oder Unica. Die beiden Läden bieten jedoch nur Kleider für Frauen an. Weiter kennt man Coop mit seiner Naturaline oder auch vereinzelte Produkte der Marke Switcher. Wir hingegen haben eine sehr grosse Auswahl an Männer- und Frauenkleider im Sortiment und auch eine kleine Auswahl Kinderbekleidung. Ergänzt wird das Sortiment mit Schuhen, Taschen und weiteren fair produzierten Accessoires.

Seid Ihr die Nummer 1 in der Region?

Ganz klar, ja, da wir der einzige Fair Fashion Store in Bern sind, der Kleider für Damen, Herren und Kinder anbietet.

Wie gut läuft euer Geschäft?

Verglichen mit kleinen Boutiquen oder Spezialgeschäften wohl ähnlich gut. Aber verglichen mit den grossen Kleiderketten und Discountern besteht da sicher ein grosser Unterschied betreffend Umsatz. Wir haben nur eine Vollzeitstelle und eine Aushilfe. Umsatz und Kundenfrequenz sind steigend, allgemein scheint das Bewusstsein für fair produzierte Kleider zu wachsen.

Was treibt euch an, täglich in eurem Laden zu stehen und an Messen zu gehen?

Schlussendlich verkaufen wir tolle Produkte und leben davon! Arnaud Reinhard, der Nordring-Inhaber, und ich verfolgen schon seit einigen Jahren dasselbe Ziel: faire Mode bekannter zu machen und die Leute für Fairtrade zu sensibilisieren.

Ihr engagiert euch immer wieder fürs Lorrainequartier und macht zum Beispiel bei der Lorrainechilbi mit. Ist das Geschäftsdenken oder der Blick fürs Ganze?

Sicher beides. Das Lorrainequartier ist wie ein kleines Dorf, man kennt sich und hilft immer wieder bei den lokalen Aktivitäten mit. Gerade die Chilbi wird vom und für das Quartier gemacht, ist aber auch für unseren Laden eine gute Möglichkeit, neue Kunden anzusprechen. Nordring bietet an den Veranstaltungen jeweils auch lokalen Musikern und Künstlern eine Plattform, um ihr Schaffen einem breiten Publikum zu präsentieren. Und natürlich machen diese Events auch Spass!