Die entflochtene Stadt

von Peter Muster 14. Oktober 2014

Die Quartierzentren im Berner Westen sind Zeugen der klassischen Moderne im Städtebau. Früher traf man sich in der «alten Stadt» am Brunnen. Ab dem 20. Jahrhundert wurden dafür plötzlich Begegnungsorte definiert.

Die Quartierzentren sind die Fortschreibung der sozialen Komponente aus der Geschichte der Stadt und damit das Resultat aus der sogenannten klassischen Moderne des Städtebaus, wie diese im Berner Westen nach 1950 für uns augenscheinlich geworden ist. Die Vorstellungen des Städtebaus aus dem 19. Jahrhundert sind um 1930 radikal aufgegeben worden zu Gunsten überschaubarer Funktionsbereiche.

Licht und Luft

Licht und Luft, helle und klare Kuben in begrünten und überschaubaren Flächen bildeten die Grundvoraussetzung neuer Städte. Die Nutzungsbereiche Wohnen und Arbeiten sind getrennt worden. Die alte Stadt wurde dadurch entflochten: Hier Verkehr, da Erholung. Mit diesen Zielsetzungen gehörte die kleinräumige Struktur der alten Stadt mit ihrer Nutzungsvielfalt auf kleinem Raum der Vergangenheit an – und damit auch ihr enges Sozialgefüge.

Das romantische Bild «Gespräch am Brunnen» ist ins Museum gehängt worden. In dieser Stadt treffen sich nun Klein und Gross in Begegnungszentren mit ihren unterschiedlichsten Angeboten, die Begegnung ist in der neuen Stadt heute als ortplanerisch festgelegt und rechtlich gebunden.

Die neue Stadtgesellschaft

Die Quartierzentren im Berner Westen legen daher auch Zeugnis ab über die ausserordentlichen Veränderungen, wie sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts festgestellt werden können. Die neue Stadtgesellschaft hat sich verändert durch das Neue in den Fragen des privaten und öffentlichen Verkehrs beispielsweise, in der Freizeitgestaltung und dem gesteigerten, nicht mehr überschaubaren Angebot in Konsum und Kultur.

Und siehe da, die Quartierzentren insgesamt bieten mit! In unserer vernetzten Gesellschaft biete sie eine Unmenge Angebote bezüglich Dienstleistungen, Informationsvermittlung, Integration, Hilfe zur Selbsthilfe, Vernetzung und Angebote für Jung und Alt. Sie sind deutlich Treffpunkte geworden, Orte aus welchen auch dieses altvertraute Wort «Heimat» gespiesen werden kann.

Öffentlicher Raum

Wie aber weiter, wenn sich auf dem Weg künftiger Veränderungen Entwicklungen anbahnen, die heute in ihrer Konsequenz noch nicht gänzlich fassbar sind? Jene Freiheit der Jugendlichen beispielsweise, die heute nicht mehr in zugewiesenen Räumen Kontakte sucht, sondern in Bereichen, welche die Menschen je nach Bedürfnis entstehen lassen. Dies für den Moment und ohne zeitraubende Programme.

Da wird nach dem öffentlichem Raum gefragt und nach der Lokalität mit hoher Flexibilität. Mit ihrer grossen Vorleistung aus Erfahrung und ihrem offenem Netzwerk, können die Quartierzentren sicher ihre Aufgaben auch zukünftig erfüllen. Doch noch ein wichtiger Nachsatz. Bereiche, seien es offene oder geschlossene, benötigen die Zustimmung auf der gesellschaftlichen, das heisst auch auf der politischen Ebene. Diese Zustimmung ist bis heute durch den Dialog unter den verschiedensten Interessen gewachsen und hat sich als richtig erwiesen!