Schlau wie ein (Stadt-)Fuchs

von Lukas Blatter 28. Januar 2014

Abfall ist nicht nur für die neue Müllverbrennungsanlage im Forsthaus interessant. Auch wilde Tiere bedienen sich an den Essresten, die – oft auch unverpackt – einladend auf den Strassen der Stadt Bern herumliegen. Das Naturhistorische Museum hat dem Thema deswegen eine Installation in der Matte gewidmet.

Wer in den letzten Tagen durch die Matte geschlendert ist, hat eines nicht übersehen. Gegenüber vom Schulhaus steht ein typisch blauer «Ghüddersack» in Übergrösse. Doch der Sack ist aufgerissen und gibt Einblick in ein Schaufenster, das Neugierigen einen Fuchs mit einem Tortenstück und einem Hamburger vor der Schnauze präsentiert.

Das ausgestopfte Tier ist an seiner Lokalität nicht weit entfernt von seinen lebenden Artgenossen. «Auch in der Matte leben Füchse», sagt Dora Strahm, Ausstellungskuratorin des Naturhistorischen Museums. Sie und ihr Team stecken hinter der Installation bei der ehemaligen Telefonkabine.

Schlaraffenland für Füchse

Ziel der Installation ist es, aufzuzeigen, weshalb so viele Wildfüchse in der Stadt leben. «Viele meinen, dass Füchse krank sind, wenn sie ihren normalen Lebensraum gegen den der Stadt eintauschen.» Dies sei jedoch eine falsche Annahme.

Für die anpassungsfähigen Tiere ist die Stadt ein Schlaraffenland: «3000 Kilogramm Nahrung finden sie auf offener Strasse jährlich allein auf dem Gebiet der Altstadt», sagt Strahm. Die Stadt komme den Füchsen in vielerlei Hinsicht gelegen.

Abfall als Köstlichkeit

Was einst leckeres Essen war und auf den Boden fällt, wird schnell zu Abfall. Diesen Kontrast von Essware und Abfall versucht auch die Installation in der Matte zu verdeutlichen. «Füchse sind Allesfresser», so Strahm. Mit der Torte und dem Hamburger wurde versucht, die Vielfalt an «Köstlichkeiten» auf der Strasse nachzuempfinden.

Auch in Zürich lässt sich beobachten, wie nahe die Tiere mittlerweile bereits bei den Menschen leben. Bis zum Jahrhundertwechsel ist dort die Populationszahl so stark angestiegen, dass auf einem Quadratkilometer Stadtfläche bis zu zehn Füchse leben, Jungtiere nicht mitgezählt.

Freude und Verwunderung zugleich

«Zürich ist für Füchse ein attraktiver Lebensraum», sagt Daniel Hegglin, Wildtierbiologe bei SWILD. Viele Leute zeigten Freude daran, dass Füchse in deren Nähe wohnen.

Wie in Zürich leben auch in Bern viele Wildfüchse auf städtischem Boden: «Mittlerweile ist die Fuchsdichte auf Stadtgebiet höher als auf dem Land», erklärt Manuel Wyss, stellvertretender Jagdinspektor des Kantons Bern.

Immer wieder melden sich besorgte Menschen, die auf einen Fuchs getroffen sind und nicht wussten, wie sie mit der Situation umzugehen haben. Hierfür hat das Jagdinspektorat eine Infobroschüre unter dem Titel «Füchse in unseren Wohngebieten – Leben mit einem Wildtier» herausgegeben. Neben vielen Informationen enthält die Publikation auch einige Verhaltensregeln. So soll man die Füchse etwa nicht füttern. Generell versucht die Broschüre in nüchternem Ton über Füchse aufzuklären. Das Fazit: «Wenn wir diesen in unseren Wohnquartieren Platz einräumen, bedeutet dies letztlich auch für uns selber mehr Lebensqualität.»

Für die Müllabfuhr störend

Aufgerissene Abfallsäcke und gefressenes Katzenfutter, solche Vorfälle werden Wyss regelmässig gemeldet. Die kaputten Säcke kennt auch Walter Matter, Leiter von «Entsorgung + Recycling Stadt Bern»: «Besonders in den warmen Jahreszeiten ist dies ein echtes Problem.»

Für die Arbeitenden sei es sehr störend, auf aufgerissene Abfallsäcke zu treffen, und es falle dadurch auch ein Mehraufwand für die Strassenreinigung an. Ob Füchse oder andere Tiere dafür verantwortlich sind, lasse sich allerdings nicht sagen.

Wildtiere vor der eigenen Haustüre

Auf einen Fuchs zu treffen ist und bleibt trotzdem ein spezieller Moment. Bereits gemacht hat diese Erfahrung Dora Strahm: «Beim Klöschterlistutz sah ich einmal auf einem Dach gemütlich eine Füchsin spazieren, die sicher irgendwo in der Nähe ihre Jungen versteckt hatte.»

Mit jährlich vier Installationen bei der ehemaligen Litfasssäule in der Matte will das Naturhistorische Museum direkt zu seinem Publikum gelangen. Die so erzählten Geschichten und Inszenierungen sollen «Freude machen und erstaunen»: Wie eben die Tatsache, dass wilde Tiere nicht nur in der freien Natur, sondern auch direkt vor unserer Haustüre leben – auch mit den damit verbundenen negativen Nebenerscheinungen.