Wie ein Zahnarztbesuch: Unangenehm aber notwendig

von Beat Kohler 4. April 2013

Wenn etwas unausweichlich ist, dann muss man sich damit arrangieren. Das versuchen auch die Geschäfte an der Marktgasse in Bezug auf die Sanierung. Zwei Beispiele, wie Gewerbetreibende das Beste daraus machen wollen.

«Man muss sich betriebswirtschaftlich, wie auch moralisch auf diese Zeit einstellen», erklärt Bruno Heller, Inhaber und Leiter des Modegeschäfts Ciolina an der Marktgasse 51. Ausweichen kann er nicht, wenn in den nächsten Monaten vor seinem Geschäftshaus intensiv gebaut wird. Er hat bereits die Sanierung 1995 miterlebt. Damals kam es zu deutlichen Umsatzeinbussen. Damit rechnet Heller auch in diesem Jahr. Dementsprechend hat er bisher für April und Mai weniger Ware bestellt. Zudem hat er seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gespräch darauf vorbereitet, dass es weniger Umsatz, dafür mehr Staub zum Putzen geben wird. «Mehr kann man nicht machen», ist Heller überzeugt. Die Vorbereitungen seien von seinen Mitarbeitenden gut aufgenommen worden.

«Man muss sich betriebswirt- schaftlich, wie auch moralisch auf diese Zeit einstellen»

Bruno Heller, Inhaber und Leiter des Modegeschäfts Ciolina

Damit der Name seines Geschäfts trotz der Sanierung der Marktgasse im Gespräch bleibt, will Heller in dieser Zeit in das Image des Unternehmens investieren. Beispielweise mit exklusiven Kundenanlässen. Ein Auftritt von Müslüm im Juni soll beispielsweise dafür sorgen, dass an der Marktgasse 51 im Sommer nicht nur Baulärm, sondern auch Musik zu hören ist.

Erstaunt zeigt sich Heller, wie schlecht seine Kundschaft über die Sanierungsarbeiten informiert ist. Er hat viele Kundinnen und Kunden aus der Agglomeration, die nichts über die Sanierung wissen. «Wenn wir von der Sanierung sprechen, haben einige Kunden das Gefühl, wir wollen unseren Laden sanieren», stellt er fest. Aus seiner Sicht gäbe es hier noch Potenzial für Aufklärungsarbeit.

Wichtig für die gute Infrastruktur

Heller betrachtet die Sanierung der Marktgasse nicht nur als Ladeninhaber, sondern auch als Berner und als Hausbesitzer. In diesen beiden Rollen begrüsst er es, dass die Stadt für ein gutes Erscheinungsbild der Marktgasse sorgen will. Als Stimmbürger hat er den entsprechenden Kredit gutgeheissen. «Der einzige bittere Nachgeschmack der bleibt ist, dass die letzte Sanierung erst gut 15 Jahre zurückliegt», so Heller. Ändern kann er das nicht. Uns als Hausbesitzer hat er ein grosses Interesse an einer intakten und gut funktionierenden Infrastruktur: «Wir wollen ja nicht Zustände wie in den USA mit freihängenden Stromkabeln in der Gasse.» Er lobt auch explizit die Vorbereitungsarbeiten der Stadt. Nicht nur, dass die Wasser- und Stromversorgung für die Bauzeit sichergestellt ist, auch die Kommunikation mit den Betroffenen klappe im Moment gut. Er hofft, dass dies während der gesamten Bauzeit so bleibt.

20 Prozent weniger Umsatz

Sportlich sieht Alexander Reinhard die Bauerei in der Marktgasse. Der Geschäftsführer des Berner Familienunternehmens Bäckerei Reinhard ist mit zwei Filialen in der Altstadt vertreten. «Natürlich werden wir Einbussen haben, aber wir können versuchen sie auszugleichen», sagt er. Mit einem Minus von rund 20 Prozent nimmt Reinhardt an. «So genau kann man es nie wissen, es ist schwierig eine Prognose zu stellen. Bei der vorherigen Baustelle hatten wir ein Minus von 25 Prozent.»

«Bei der vorherigen Baustelle hatten wir ein Minus von 25 Prozent.»

Alexander Reinhardt, Geschäftsführer des Berner Familienunternehmens Bäckerei Reinhard

Ein Teil der Kundinnen und Kunden werde vielleicht statt zur Marktgasse in die Filiale an der Spitalgasse oder im Bahnhof ausweichen. «Das wird wohl die Stammkundschaft sein, die Laufkundschaft fällt wahrscheinlich teilweise weg», schätzt Reinhard, Vizepräsident des Verbandes Berncity. Zudem werde die Anlieferung während der Intensivbauphase zu einer echten logistischen Herausforderung.

Trotzdem will Reinhard nicht klagen. Erstens müsse jede Strasse nun einmal saniert werden und zweitens wolle er den Verlust mit Gegenmassnahmen abfedern. Der Bäckermeister hofft, mit diesen Schritten trotz Einbussen rentabel wirtschaften zu können. «Wenn wir weniger verkaufen, werden wir entsprechend weniger herstellen und vielleicht eine Schicht reduzieren», erläutert der Bäcker. Einen Baustellenrabatt hat Reinhard indes nicht geplant. Und wie wäre es mit einem Baustellenbrot oder -kuchen? «Wir überlegen uns was», verspricht Reinhard.