Hat Bern die Energie, erneuerbar zu werden?

von Beat Kohler 16. Januar 2013

Strom und Wärme zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen, das will die Initiative «Bern erneuerbar», über die wir am 3. März abstimmen. Der städtischen Energierichtplan verfolgt ähnliche, etwas weniger hoch gesteckte Ziele.

Angesichts der breiten Unterstützung, welche die Initiative «Bern erneuerbar» insbesondere im links-grünen Parteispektrum bis hin zu dem Mitte-Parteien geniesst, dürfte sie bei der Abstimmung am 3. März zumindest in der Stadt Bern eine Mehrheit finden. Offen ist, wie das Resultat insgesamt aussehen wird. Gegen die Initiative und auch gegen den Gegenvorschlag stellen sich FDP und SVP sowie die Berner KMU, der Handels- und Industrieverein und die Hauseigentümer.

«Der Strombedarf insgesamt sowie der Energiebedarf für Heizung und Warmwasser von Gebäuden sind grundsätzlich durch erneuerbare Energien zu decken», fordert die Initiative. Dafür setzt sich unter anderen auch Reto Nause, CVP-Gemeinderat und Energiedirektor der Stadt Bern, ein. An der Medienkonferenz des Komitees Erneuerbare Energie für Bern illustrierte er die wirtschaftliche Bedeutung einer erneuerbaren Energieversorgung. Die Menschen in der Stadt Bern geben jährlich bis zu 200 Millionen Franken für den Einkauf von Erdgas und Heizöl aus. «Statt in ausländische Öl- und Gaskonzerne sollten wir dieses Geld lieber bei uns in erneuerbare Energiequellen investieren», sagte Reto Nause.

«Statt in ausländische Öl- und Gaskonzerne sollten wir dieses Geld lieber bei uns in erneuerbare Energiequellen investieren»

Reto Nause, Energiedirektor der Stadt Bern

Für die Gegner der Initiative ist ist der wirtschaftliche Nutzen zu teuer erkauft. Sie rechnen vor, dass zum Erreichen der Ziele der Initianten rund 49 Milliarden Franken investiert werden müssen. «Solche Milliardenbeträge sind für die Hauseigentümer und die Mieter sowie die Wirtschaft im Kanton Bern klar nicht tragbar», schreibt das gegnerische Komitee. Zudem stünden die Ziele im Wiederspruch zu übergeordnetem Recht. Dies belegen die Gegner mit einem eigenen Rechtsgutachten. Das Bundesamt für Justiz kommt allerdings zum Schluss, dass die Initiative «als bundesrechtskonform zu betrachten» ist.

Bei einer Annahme der Initiative wären die Auswirkungen auf die Stadt Bern gross. Ihre Forderungen gehen noch weiter, als die Ziele, welche die Stadtregierung 2012 im Energierichtplan gesetzt hat. Vor der öffentlichen Mitwirkung favorisierte er folgende Szenarien:

– Der Wärmebedarf der Gebäude soll bis 2035 gegenüber 2008 um 20 Prozent sinken. Bis ins 2035 sollen die fossilen Energieträger beim Erdgas von 46 auf 14 Prozent und beim Heizöl von 41 auf 7 Prozent gesenkt werden. Als Ersatz sollen erneuerbare Energiequellen, beispielsweise Holz oder Biomethan zum Einsatz kommen. 

– Beim Strom geht der Gemeinderat davon aus, dass der Strombedarf weiterhin jährlich um 0,6 Prozent zunimmt. Dennoch soll bis 2035 der Anteil an erneuerbar produziertem Strom bis 2035 auf 95,5 Prozent gesteigert werden. Somit liegen die Ziele beim Strom 4,5 Prozent unter den Vorgaben der Initiative. Beim Wärmebedarf hängt es davon ab, wie viel Energie aus fossiler Abwärme gewonnen wird.

Der Erläuterungsbericht zum Energierichtplan zeigt, dass der Wärmebedarf aktuell zu rund 92 Prozent über nicht erneuerbare Energieträger gedeckt wird. Die Wärme kommt zu 41 Prozent aus Heizöl, zu 46 Prozent aus Erdgas und zu 5 Prozent aus fossiler Abwärme der KVA Warmbächli. Etwas besser sieht die Situation beim Strom aus. 2011 stammten «nur» rund 52 Prozent des Stromes, den EWB lieferte, aus nicht erneuerbaren Quellen.