Rettet die Medien!

von Guy Krneta 24. August 2016

Als vor sechs Jahren Christoph Blocher und sein Umfeld die «Basler Zeitung» übernahmen, setzten sich in Basel etliche Leute zusammen und brüteten über medialen Alternativen. Durch die neuen technischen Möglichkeiten schienen «Zeitungs»-Gründungen auf einmal wieder realistisch. Und durch die medien-politischen Gegebenheiten gab es sogar eine gesellschaftliche Notwendigkeit dafür.

Als zusätzlich eine mögliche Finanzierung sichtbar wurde – oder vielmehr: als die mögliche Finanzierung aus den Gesprächen heraus Fakten schuf, entstand im Weiteren die «Tageswoche».

Zwischen Experiment und Journalismus

Die «Tageswoche» zerrieb sich zunächst im Spannungsfeld zwischen Online-Experiment und klassischem (Print-)Journalismus. Und: Sie wollte sich der politisch-gesellschaftlichen Realität, die eigentlich zu ihrer Entstehung geführt hatte, nicht wirklich stellen.

Ein Grund dafür waren die Journalistinnen und Journalisten: Mehrere von ihnen hatten luxuriös von der untergehenden BaZ zum frisch finanzierten Modell gewechselt, ohne sich weitere Gedanken machen zu müssen. Sie hatten sich weder am Aufbau des Projekts beteiligt, noch teilten sie die Empörung grosser Bevölkerungskreise über die Vorgänge bei der BaZ. Sie waren den KollegInnen beim ideologisch-gekauften Blatt nach wie vor verbunden und erklärten, keine «Anti-BaZ» sein zu wollen.

Parallele Vorgänge in Bern

Zeitgleich entstand in Bern «Journal B». Hundert Kulturschaffende und politisch Bewegte hatten Geld gespendet, um ein Vorprojekt ausarbeiten zu lassen. Durch die Entstehung der «Stiftung für Medienvielfalt» in Basel – Hauptfinanziererin der «Tageswoche» – gab es auch für «Journal B» eine, zugegebenermassen ungleich kleinere Startfinanzierung.

Die Situation in Bern unterschied sich von jener in Basel. Während dort die Monopolzeitung von Blocher aufgekauft worden war, gab es hier zwei Zeitungen – in der Hand von Tamedia –, die für eine gewisse Meinungsvielfalt sorgten. Doch auch in Bern waren die politischen und kulturpolitischen Erwartungen an das neue Medium hoch – und wurden von diesem nicht erfüllt. Auch hier standen – im Gegensatz zur Trägerschaft im Rücken, die sich dies erhofft hatte – keine JournalistInnen am Start, die pointierten Recherche-Journalismus machen wollten oder konnten.

Die Zukunft liegt vor uns

Die Umwälzungen in den Medienunternehmen sind nicht abgeschlossen. Nach wie vor sinken die Abo-Zahlen der Zeitungen (einzige Ausnahme ist die WoZ), nach wie vor steht die Frage bedrohlich im Raum, wie sich online Journalismus finanzieren lässt. Während die Redaktionen zusammengelegt und auf Effizienz getrimmt werden, rüsten PR- und Medienagenturen von Privaten und Öffentlichen auf. Das alles macht die Sache bedrohlich wackelig.

Unlängst wurde bekannt, dass Tamedia mit dem Gedanken gespielt hat, seine Zürcher Landzeitungen sowie (je nach Informationsquelle) auch die «Berner Zeitung» gegen Blochers BaZ zu tauschen. Aus Sicht von Tamedia ist das verständlich: Ein gemeinsames Kopfblatt des «Tages-Anzeigers» mit dem «Bund» und einer neuen «Basler Zeitung» würde Sinn machen. Umgekehrt wird die Parallelstruktur mit den Zürcher Landzeitungen und der BZ auch in Zukunft zu reden geben.

Tamedia hat den Kuhhandel dementiert, Blocher hat ihn bei «Teleblocher» implizit bestätigt: «Ich sage jedem, der kommt: ‚Verkaufen tun wir nicht’. Dann sagen sie: ‚Man könnte ja etwas Grösseres machen’. Dann sage ich: ‚Dann bringt etwas’. (…) Es ist klar: alle reden mit uns. Und wir reden auch mit ihnen.» – Die ideologische BaZ ist in Basel gescheitert und Blocher möchte sie loswerden – allerdings nicht gegen Geld, sondern gegen grösseren publizistischen Einfluss. Auch wird das Dementi von Tamedia dadurch relativiert, dass unlängst eine redaktionelle Zusammenarbeit von Tagi und BaZ in den Ressorts Wirtschaft, Kultur und Sport angekündigt wurde.

Die Unruhe steigt

Das Vertrauen in Tamedia sinkt und auch beim Rechtsrutsch der NZZ stellt sich wiederum die Frage, warum Qualität aufgegeben wird zugunsten einer verstärkten meinungspolitischen Re-Positionierung. Zumal die NZZ eine grosse Leserschaft im links-liberalen Bürgertum hat. Ist hier jemand im Hintergrund bereit, die finanziellen Ausfälle aufzufangen?

Die Unruhe, die vor fünf Jahren in Basel zu beobachten war, wird nächstens auch in anderen Regionen wieder spürbar sein. Ob es dabei zu Neugründungen kommt? Oder ob die bestehenden Plattformen neu belebt werden können?

Sicher ist: Eine empörte Öffentlichkeit, ein Bedarf nach unabhängiger pointierter Berichterstattung allein reicht nicht aus. Es braucht engagierte und begabte Journalistinnen und Journalisten, die erkennen, in welch gefährdeten Zeiten wir leben.