Und weiter geht es mit Eduardo Chillida

von Beat Sterchi 11. Mai 2016

Am Sonntag sind wir über Land gegangen. Von Tägertschi hinauf nach Gysenstein und über den wunderbaren Alpenpanoramaweg bis nach Grosshöchstetten. Wiesen, Matten in voller Pracht. Genau wie einst im Mai! Es war herrlich.

Wer über Land geht, muss aber vielleicht über Land zurückfahren, und das kann auch heissen, das Land erfahren. Da hört man im Bus plötzlich eine laute Männerstimme, die ungeheuerlich selbstversessen klingt und die auf unvorstellbar unanständige Art auf den Fahrer einspricht.

Plötzlich ist er lebendig und ganz wirklich und ganz nah, dieser Ton, den man höchstens aus kolportierten anonymen Leserbriefen und unglaublichen Online-Kommentaren kennt. Eine jener Stimmen, die nichts wissen und nichts wissen wollen und doch drohen und richten und lügen und morden, einer jener Stimmen also, die man eigentlich gar nicht für möglich hält!

Aber hier spricht jemand genau auf diese Art, auch noch angereichert mit einem Sonntagabendpegel, und ein anderer erträgt es stoisch, verrichtet dazu auch noch seine Arbeit.

Ich kann und will den Sprecher nicht beschreiben. Ich kann ihn nicht beschreiben, weil ich nicht mehr von ihm sehen wollte, als nicht zu vermeiden war. Und ich will nicht, weil das Wenige, was ich gesehen habe, die schlimmsten Klischees bestätigt.

Aber während ich die in stockdummer Manier vorgetragenen Unsäglichkeiten anhören musste, fragte ich mich, wie es kommt, dass eine Gesellschaft mit all ihren sozialen Einrichtungen und mit ihrem teuren Bildungssystem nicht fähig ist, ein Minimum an Anstand oder wenigstens ein Minimum an Selbsterkenntnis zu garantieren. Natürlich fragt man sich das eben so im Zusammenhang mit gewissen Vorgängen in Übersee, die auch im totalen Widerspruch zur Macht und dem Ansehen eines mächtigen Landes stehen.

Was macht der Mensch bloss falsch, dass er bald auf den Mars fliegen, gravierende zivilisatorische Rückschritte aber nicht verhindern kann?

Und was hat Eduardo Chillida damit zu tun?

Dieser baskische Bildhauer stellte Skulpturen und Plastiken her, die man als Laie sehr schwer einzuordnen versteht, die aber immer ein faszinierendes Geheimnis bergen und deren Kraft man sich nur schwer entziehen kann.

Chillida arbeitet vor allem mit Stein und Stahl und zwar meistens so gross und solid und fest, dass man meint, sich an seiner Kunst festhalten zu können, weil man darin genau das Gegenteil erkennt, das Gegenteil von jener grassierenden tumben Oberflächlichkeit und blödsinnigen, vorlauten Selbstüberschätzung, die ja nur von geradezu höllisch bodenloser Orientierungslosigkeit zeugt!