Blacky Fuchsberger: Sein Tod in Leichter Sprache

von Gerhard Meister 19. September 2014

Worum es mir eigentlich geht, das sind die Zeilen, die ich in der BILD-Zeitung über den Tod von Joachim Fuchsberger fand. Leichte Sprache dagegen ist wenig sensationell.

In Deutschland sind Übersetzungen in Leichte Sprache weit verbreitet, in der Schweiz erst am Anfang: Bald wird Pro Infirmis Zürich das erste Schweizer Büro für Leichte Sprache eröffnen. Dann wird es auch hier amtliche Mitteilungen in Leichter Sprache geben, wie es sie in Deutschland in vielen Gemeinden oder auch im Bundestag gibt, und vielleicht auch Nachrichten wie auf nachrichten-leicht.de.

Kurze Sätze mit höchstens acht Wörtern, viele Abschnitte, keine Nebensätze.

 

Die Übersetzung von üblichem Deutsch in Leichte Sprache folgt klaren Regeln (kurze Sätze mit höchstens acht Wörtern, viele Abschnitte, keine Nebensätze, zusammengesetzte Wörter mit Bindestrich getrennt etc.), ebenso klar ist, für wen es Leichte Sprache gibt: Für alle, die aus irgendwelchen Gründen nicht fähig sind, übliches Deutsch zu lesen und die dank Leichter Sprache ein Stück Selbstständigkeit zurückbekommen.

Insofern ist Leichte Sprache ganz einfach eine Krücke mit  klar benennbaren Vorteilen und auch Nachteilen: Wer nicht fähig ist, komplexe Sachverhalte zu verstehen, der wird sie auch in Leichter Sprache nicht verstehen und natürlich besteht die Gefahr, dass  diese Sachverhalte bei der Übertragung in Leichte Sprache verfälscht werden.

Ausserdem ist Leichte Sprache – das zeigt ein Blick auf irgendeinen dieser Texte jedem, dem Gott auch nur ein Quentchen Gespür für Sprache gegeben hat – eine sprachlich tote Zone: Kein Witz, keine Ironie, kein Rhythmus, keine Musik, von der lebendigen Sprache so weit entfernt wie eine Plastikprothese vom durchbluteten Fleisch.

Und damit bin ich endlich bei der BILD-Zeitung, die mir gestern in die Hände geriet und dem Text zum Tod von Joachim Fuchsberger.

Auch BILD befolgt die Regeln für Leichte Sprache, überbietet sie sogar, ja, steigert sie ins Extrem, aber mit welchem Resultat!

 

Die BILD-Zeitung hat mir nämlich gezeigt: Der zuletzt erwähnte Punkt ist ein blankes Vorurteil, nichts weiter. Leichte Sprache ist nicht gleich Leichte Sprache! Auch Bild befolgt die Regeln für Leichte Sprache, überbietet sie sogar, ja, steigert sie ins Extrem, aber mit welchem Resultat!

Doch wozu weiter argumentieren, wo ein Vergleich alles sagt.

Zuerst der Bericht über Blackys Tod auf nachrichten-leicht.de (Leichte Sprache gleich tote Sprache):

Der Schauspieler und Fernseh-Moderator Joachim Fuchsberger ist gestorben. Sein Spitz-Name war Blacky. Er hat früher Rate-Shows im Fernsehen geleitet. Und er hat in Krimis mitgespielt. Joachim Fuchsberger ist 87 Jahre alt geworden.

Als junger Mann hat Joachim Fuchsberger vor allem als Schauspieler gearbeitet. Er hat in Krimis mitgespielt. Die Krimis hat der Schriftsteller Edgar Wallace geschrieben. Sie heißen zum Beispiel “Der Hexer” oder “Die toten Augen von London”.

Später ist Joachim Fuchsberger Fernseh-Moderator geworden. Er hat die Spiel-Show “Auf los geht’s los” moderiert. Eine andere Sendung von ihm hieß “Heut’ abend”. Es war eine Talk-Show. Das heißt, Fuchsberger hat sich in der Sendung mit berühmten Menschen unterhalten.

Vor einem Jahr hatte Fuchsberger einen Schlag-Anfall. Seitdem ist er nicht mehr richtig gesund geworden. Am 11. September ist er zu Hause gestorben. Blacky Fuchsberger lebte in der Nähe von München. Er war seit 60 Jahren verheiratet mit der Schauspielerin Gundula Korte.

Was bedeutet Schlag-Anfall?

An einem Schlag-Anfall kann man sterben.

 

Wenn jemand einen Schlag-Anfall bekommt, muss er schnell ins Krankenhaus. Schlag-Anfall bedeutet: Das Gehirn bekommt plötzlich nicht mehr genug Blut. Es wird nicht mehr gut versorgt. An einem Schlag-Anfall kann man sterben.

Und hier wie die BILD-Zeitung in der Montagsausgabe über Fuchsberger berichtete:

Er blickt in den Bach, in dem sein einziger Sohn Thommy starb. Nachts. Allein! Ertrunken! Diabetes-Schock!

„Der Tod hat oft angeklopft bei mir. Der Tod ist ein Schwein.“

Aber: Er und seine Gundel (84) zerbrechen nicht – sondern werden ein Herz.

Er war ein Überlebenskünstler.

Er schluckte täglich 24 Tabletten.

Er nahm nie die Bibel in die Hand.

Er hat die Krankenakte einer Mumie.

3 Herzoperationen!

2 Herzschrittmacher!

Nierenkollaps! Tumor in der Nase! Grauer Star am rechten Auge! Rechtes Ohr taub! Odyssee durch die Kliniken.

Aber Blacky Fuchsberger war ein Kämpfer.

Er war kein Genie. Er war Realist. Er war Verdränger.

Sein Leben war ein Wunder. Tod, Glück, Mut, Schicksal, Erfolg, Pleiten – Tragödien.

Er war ein schwäbischer Bub. Er war 12, als Hitler den Zweiten Weltkrieg anzündete: 60 Mio. Tote.

Mit 16: Flakhelfer, Fallschirmjäger. Im Nahkampf hat er keinen getötet, aber er lag zwischen 1000 Toten.

Mit 18: Kriegsende. Kriegsgefangener. Dann frei?

Blacky: „Im Krieg habe ich Gott verloren.“

Wir kennen den Helden im Blitzlicht. Den Super-Polizisten aus Edgar Wallace. Den TV-König.

Aber Blackys Leben warf Schatten voller Schmerz.

– Totgeburt einer Tochter (im 7. Monat).

– 2 finanzielle Pleiten, die ihn fast ruinierten.

– Hautkrebs in Australien.

– Der TV-Biss eines Schimpansen,  an dem er fast starb. Hochansteckende Gelbsucht. 4 Monate Isolierstation!

Aber er kämpfte und lebte.

In jedem grossen Boulevard-Journalisten steckt ein kleiner Dichter.

 

Ein Vorurteil über Leichte Sprache ist ausgeräumt und eine alte Weisheit erneut bestätigt: In jedem grossen Boulevard-Journalisten steckt ein kleiner Dichter.