Die Bern-Utopie von Vania Kohli (BDP)

von Dinu Gautier 23. Oktober 2012

Gemeinderatskandidatin Vania Kohli berichtet aus ihrer utopischen Zukunft: Bern ist energetisch autark und verkehrstechnisch untertunnelt. Die Stadt musste eine Männerquote einführen. Abgehauen ist das Militär.

«Wir schreiben das Jahr 2025. Energie Wasser Bern (EWB), das früher seinen Gewinn noch in die Stadtkasse abliefern musste, hat kräftig investiert: in ein sogenanntes Smart Grid. Dieses intelligente Stromnetz kommuniziert mit den intelligenten Geräten, die in Berns Haushalten stehen. Ist viel Strom verfügbar, springen etwa automatisch die Waschmaschinen an.

«Holo-Skype-3D führte dazu, dass heute viel mehr Heimarbeit geleistet wird.»

Vania Kohli, BDP

Der Stromverbrauch insgesamt ist in den letzten 13 Jahren um 20 Prozent gefallen – dank energieeffizienteren Geräten, aber auch, weil inzwischen die ganze Strassenbeleuchtung auf LED umgestellt ist. In gewissen Strassen ist es dunkel, ausser jemand bewegt sich. Näherungssensor sei Dank.

Bern hat als erste Stadt die Energiewende bereits geschafft und ist absolut autark, was die Stromversorgung angeht. Woher der Strom kommt? Überall ausser in der Altstadt hat es Solaranlagen auf den Dächern und die Kehrichtverwertungs-Anlage wurde ausgebaut.

WLAN flächendeckend

Investiert hat das EWB zusammen mit der Swisscom auch in ein flächendeckendes Glasfasernetz, was dazu geführt hat, dass es im ÖV weniger eng ist und auf der Strasse weniger Autos zirkulieren. Der Grund? Die schnelle Internetanbindung in Kombination mit der Killerapplikation Holo-Skype-3D führte dazu, dass heute viel mehr Heimarbeit geleistet wird. Die Hologramme ermöglichen sogar gemeinsames Käfelen in der Pause. Ergänzt wird dieses Netz mit einem kostenlosen öffentlichen WLAN-Netz, das das ganze Stadtgebiet abdeckt – im Gegensatz zum kostenpflichtigen Glasfasernetz ist hier die Bandbreite für Holografie aber zu klein.

In den Untergrund verlegt wurde der ganze Verkehr in der Innenstadt. Vom Flugplatz Belp fährt man unterirdisch per S-Bahn in den kürzlich eröffneten neuen Bahnhof. Von den unterirdischen Perrons gelangt man zu den ebenfalls unterirdischen Haltestellen des ÖVs. Die Zugänge – etwa am Zytglogge – erfolgen per Lift. Autos sieht man in der Innenstadt nur noch vereinzelt. Bahnhofplatz und Bollwerk sind untertunnelt. Oberirdisch gibt es eine beliebte Kulturmeile, die vom Generationenhaus der Burgergemeinde am Bahnhofplatz bis zur Reitschule reicht.

Nordtor Schützenmatte

Vom ehemaligen Schützenmatt-Parkplatz ragt ein Gebilde von dreieckigem Grundriss in die Höhe. Es handelt sich nicht wie einst angedacht um ein allein stehendes Hochhaus, sondern vielmehr um den einen Pfeiler eines riesigen Tores: des sogenannten Nordtors. Der zweite Pfeiler steht auf der ehemaligen Terrasse vor dem Gebäude des Instituts für exakte Wissenschaften neben der Grossen Schanze. Im fast vollständig gläsernen Balken, der die beiden Pfeiler verbindet, findet sich ein riesiges Wellness- und Sportzentrum. Privat betrieben bietet es Sauna, Hamam, Massagen und Fitnessgeräte an. Die Aussicht auf die Altstadt ist spektakulär, man befindet sich etwa auf der Höhe des Daches des Uni-Hauptgebäudes.

Besonders spektakulär und nichts für Schwindelanfällige ist das 50-Meter-Schwimmbecken mit Glasboden, das sich etwa über jenem Punkt befindet, wo die Zuggleise gegen den Bahnhof hin im Untergrund verschwinden.

«Das VBS verlegte alle militärischen Gebäude in die Romandie.»

Vania Kohli, BDP

Im Gebiet, das die Stadt 2012 umfasste, wohnen heute 160 000 Menschen. Die Fusion mit fast allen umliegenden Gemeinden (Wohlen folgt erst nächstes Jahr), machte Bern mit gut 500 000 Einwohnerinnen und Einwohner auf einen Schlag zur grössten Stadt der Schweiz. Gewisse politische Strömungen strebten in den letzten Jahren die Unabhängigkeit der Grossstadt vom Kanton an, scheiterten aber bereits auf lokaler Ebene. Man wollte mit den ländlichen Gegenden solidarisch bleiben.

Die Waldstadt im Bremgartenwald ist realisiert. Das Konzept, das Stadtentwicklungsteams aus aller Welt nach Bern lockt, wurde im Wald zwischen den Quartieren Elfenau und Muri erneut umgesetzt. 

YB-Trainingscampus

Leer geschluckt hatte man 2013, als das Verteidigungsdepartement bekannt gab, alle militärischen Gebäude der Hauptstadt in die Romandie zu verlegen. Es hätte aber nichts Besseres passieren können: Das ganze Kasernenareal konnte den Young Boys übergeben werden. Heute steht dort das YB-Trainingszentrum, die Rasenflächen sind zu gewissen Uhrzeiten auch für den Breitensport zugänglich. Die bereits legendäre Jugendförderung, die der Verein dort betreibt, zahlt sich aus: YB spielt jetzt die achte Saison in Folge in der Champions League. Letztes Jahr war es dann so weit: Man besiegte Real Madrid im Finale.

Gegenüber dem Trainingszentrum, im und um das ehemalige «Pentagon» des Militärs, ist ein Technopark für Cleantech-Firmen entstanden. Cleantech ist neben Public Affairs, Medizin und KMU-Betriebswirtschaft Spezialisierungsschwerpunkt der Berner Uni, die übrigens dank der vielen Online-Vorlesungen und -übungen eine der günstigsten Unis Europas geworden ist.

Männerquote

Das Verrückteste zum Schluss: Letztes Jahr hat die Stadt eine Geschlechterquote eingeführt. Für Männer. 66 von 80 Stadtratsmitgliedern sind Frauen, ähnlich sieht es in der Verwaltung aus. Die Männer protestierten, jetzt bekommen sie ihre Quote. Sie beträgt 40 Prozent.»