Berner Clubs wehren sich gegen die faktische Schliessung

von Luca Hubschmied 20. Oktober 2020

Maskenpflicht, Konsumation im Sitzen und ein Maximum von 100 Personen. Für Bars und Clubs reihte sich letzte Woche eine Massnahme an die nächste. Die Betriebe kritisieren nun die Kommunikation der Behörden und fordern Unterstützung.

Letzten Freitag ging es plötzlich schnell: Der Kanton Bern führte für Bars und Clubs eine Obergrenze von 100 Personen ein. Gültigkeit: ab sofort. Der Entscheid kam um 17 Uhr, kurz vor dem Start des Wochenende. Für die Betriebe galt es, rasch zu reagieren. Das Bierhübeli sagte umgehend das Konzert vom Samstag ab, im ISC spielte Bongeziwe Mabandla spontan zwei Sets, damit alle Gäste den Auftritt besuchen konnten, in der Einspruch Diskothek wurde die Veranstaltung vom Samstag gestrichen.

Nun wehrt sich die Bar- und Clubkommission Bern (BuCK) in einer Medienmitteilung gegen die drohende Krise im Nachtlebengewerbe und schreibt, der Bund habe «letzten Sonntag mit dem Verbot der stehenden Konsumation de facto alle Bars, Clubs sowie Konzertlokale geschlossen.» Denn mit der kantonalen Massnahme vom Freitag war es noch nicht getan, am Sonntag wurde die landesweite Regelung eingeführt, dass im Stehen nicht mehr konsumiert werden darf. Eine weitere schwere Einschränkung für die Bar- und Clubbetreibenden. Im Wortlaut der Mitteilung klingt es von Seiten der BuCK dementsprechend nach ganz und gar nicht rosiger Zukunft: «Die finanziellen Reserven sind aufgebraucht, die Aussichten düster.» Kritisiert würden nicht die Massnahmen per se: «Unsere Gesundheit und die Vermeidung eines zweiten Lockdowns haben oberste Priorität» sagt Tom Berger, Co-Präsident der BuCK Bern. Die BuCK fordert unter anderem eine Entschädigung für die Fixkosten der Betriebe, die jetzt de facto vom Bund geschlossen wurden.

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«Die Liquiditätsreserven sind an- oder aufgebraucht bei den Betrieben», sagt Max Reichen, Geschäftsleiter der BuCK. Und aktuell stünden die Wintermonate vor der Tür, in denen Bars und Clubs den Grossteil des Jahresumsatz erwirtschafteten. Reichen kritisiert insbesondere die Art der Kommunikation seitens der Behörden: «Den Kulturbetrieben wird gesagt, ihr dürft geöffnet bleiben, aber die stehende Konsumation ist verboten und in Clubs gilt eine Obergrenze von 100 Personen. Das ist einfach nur zynisch.» Falls die Regierung nicht wolle, dass die Menschen in Clubs gingen, solle sie die entsprechenden Betriebe schliessen, fährt Reichen fort. «In einem Musikklub kannst du mit 100 Eintritten kein richtiges Programm machen. Ausser du beutest die eigenen Angestellten oder die Künstler aus.»

Viele Kulturbetriebe in Bern ziehen unter diesen Voraussetzungen nun ihre Konsequenzen: Das Bierhübeli gab heute bekannt, den Betrieb vorläufig bis am 9. November zu schliessen. Zudem werden sämtliche Partys bis Ende November abgesagt. In der Reitschule sind viele Veranstaltungsräume wie der Dachstock nach wie vor geschlossen. Auf der anderen Seite der Schützenmatte, im Kapitel am Bollwerk ist die Lage ebenfalls schwierig: «Wir haben den zweiten Lockdown bei uns», erklärt Diego Dahinden vom Kapitel, «Restaurant und Bar bleiben geöffnet, aber der Clubbetrieb ist bis auf Weiteres eingestellt.» Auch er kritisiert die Behörden scharf: «Die Regierung nimmt sich aus der Verantwortung, aktuell herrscht ein unausgesprochenes Tätigkeitsverbot. Wenn die Leute nicht mehr in die Clubs gehen sollen, dann muss das so benennt werden und die Kulturindustrie unterstützt werden, damit sie überleben kann.»

Zu den Schwierigkeiten auf der Seite der Bar- und Clubbetreibenden kommt dazu, dass seit 1. September viele Arbeitnehmende in der Gastronomie ihren Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung verloren haben. Seit diesem Datum hat der Bund die erweiterten Anspruchgruppen zurückgesetzt, das heisst, dass Mitarbeitende auf Abruf keine Entschädigung mehr erhalten. Für viele in der Nachtgastronomie Angestellte ein herber Schlag, insbesondere in Anbetracht der nun angekündigten Schliessungen. «In der Gastro- und Eventbranche arbeiten fast alle auf Stundenlohnbasis. Diese Leute, die eh mit wenig Geld auskommen müssen verlieren nun jeglichen Anspruch», sagt Diego Dahinden. Das sei dramatisch und erschreckenderweise werde kaum darüber gesprochen: «Auch bei uns im Kapitel sind viele davon betroffen», fährt Dahinden fort, «diese Leute haben nun teils Existenzängste.» Max Reichen von der BuCK betont, dass diese Situation dringend gelöst werden müsse: «Ohne Kurzarbeitsentschädigung gibt es für viele Betriebe nur zwei Möglichkeiten: Konkurs anzumelden oder die Mitarbeitenden auf die Strasse zu stellen. Beides ist inakzeptabel.»