Tamedia: Jetzt protestieren die Redaktionen

von Luca Hubschmied 17. August 2017

Die Redaktionen von Bund und BZ machten heute mit einem öffentlichen Mittagessen am Dammweg auf die Sparpläne des Tamedia-Konzerns aufmerksam.

Seit Mai dieses Jahres ist bekannt, dass die Leitung des Tamedia-Konzerns einschneidende Sparmassnahmen in Betracht zieht (Journal B berichtete). Darauf aufmerksam machte unter anderem auch die Gewerkschaft syndicom. Die Rede war von unternehmensweiten Kompetenzzentren und gemeinsamen Mantelinhalten für die einzelnen Publikation wie Bund, BZ und Tages-Anzeiger. Ausgangspunkt ist ein von Tamedia prognostizierter Rückgang der Einnahmen durch Werbung und Abonnente von bis zu 30% bis 2025. Der Tamedia-Verwaltungsrat wird am 29. August die Öffentlichkeit darüber informieren, welche Sparmassnahmen konkret umgesetzt werden. Im schlimmsten Fall drohen Stellenkürzungen um bis zu 30 Prozent in den Redaktionen der Tamedia.

Nachdem aus den betroffenen Redaktionen lange Zeit keine namentliche Stellungnahme dazu erfolgte (Bund und BZ selbst berichteten, wie zu erwarten war, nicht über die Thematik), änderte sich das nun schlagartig. Mit einem gemeinsamen Risottoessen luden die beiden Redaktionen, unterstützt von syndicom und dem Journalistenverband impressum heute am Dammweg die Öffentlichkeit und Medienvertretungen ein, ein Zeichen gegen den drohenden journalistischen Einheitsbrei am Medienplatz Bern zu setzen.

Knapp 100 Leute waren anwesend, als Markus Dütschler, Präsident der Personalkommission «Der Bund» und Jürg Steiner, Präsident der Personalkommission «Berner Zeitung» das Wort ergriffen. Steiner bezeichnete während seiner Ansprache den heutigen Tag als «historisches Ereignis», da die beiden Lokalkonkurrenten Bund und BZ sich gemeinsam wehrten und es nicht nur darum gienge, einen der beiden Titel zu retten: «Beide sind genau gleich bedroht, und zwar von innen.» Es sei vielleicht bequemer, wenn die direkte Konkurrenz nicht mehr da wäre, aber das wollten sie nicht, meinte Steiner. Er sprach sich dafür aus, dass es eben beide Redaktionen brauche, wenn man Meinungsvielfalt sicherstellen wolle: «Wir legen unsere Leidenschaft und unser Herz genau da rein: Besser sein zu wollen und die Dinge anders anzuschauen als der Bund oder umgekehrt die BZ», so Steiner, «wir reden hier von Engagement, von Leidenschaft, aber vor allem auch von Qualität, die wir als Journalistinnen und Journalisten der Öffentlichkeit schuldig sind.»

Deutliche Worte fand auch Markus Dütschler in seiner Rede. Mit dem Aufruf zum gemeinsamen Risottoessen wolle man ein Signal aussenden: «Das Signal geht auch an unsere Geschäftsleitung. Das Signal sagt, dass wir wachsam sind. Das Signal bedeutet auch, dass wir uns nicht wie Schafe zur Schlachtbank führen lassen.» Es gehe heute um ihre Zukunft, meint Dütschler im Namen der anwesenden Belegschaft von Bund und BZ. Mit diesem Anlass wollte man auch darüber informieren, was das Gerede von Kompetenzzentren denn bedeute, so Steiner, es bedeute nämlich Einheitsbrei. Die breite Bevölkerung habe die sehr vereinzelten Informationen, die bislang durchgedrungen seien, wohl kaum in ihrer Tragweite erfasst.

Es bleibt zu hoffen, dass sich dies nun baldmöglichst ändert. In wenigen Tagen wird der Tamedia-Verwaltungsrat die Weichen stellen für ein Zukunftsmodell, das den Medienplatz Bern nicht nur in seiner Vielfalt gefährden, sondern auf lange Zeit hinaus in seiner Bedeutung massiv schwächen könnte. Nun haben die betroffenen Redaktionen den Schritt an die Öffentlichkeit gewagt, ob daraufhin weitere Forderungen laut werden, bleibt offen.