Kunstmuseum Bern: Die Perle in der Auster

von Christoph Reichenau 22. Juni 2017

40 Millionen kostet nach momentaner Schätzung die Modernisierung des Kunstmuseums Bern. Der Baubeginn ist für 2019 geplant, die Neueröffnung im Sommer 2021. In dieser Zeit bleibt das Museum offen. Und es schwärmt mit Kunst in Bern und im Kanton aus.

Nun ist es offiziell. Der Stiftungsrat der Dachstiftung Kunstmuseum Bern (KMB) – Zentrum Paul Klee (ZPK) hat grünes Licht gegeben für ein Bauprojekt. Unter dem Titel «Modernisierung KMB» wird geplant, einerseits den 1983 fertiggestellten Atelier-5-Bau an der Hodlerstrasse baulich und technisch zu sanieren, andererseits im Innern dieses Gebäudes neue Flächen für Ausstellungen (600 Quadratmeter), Kulturgüterschutz und Lager (350 Quadratmeter) freizuspielen. Damit soll das KMB für das Publikum attraktiver und für die Mitarbeitenden im Betrieb funktioneller werden. Es gehe, so Stiftungspräsident Jürg Bucher, darum, aus dem Möglichen das Beste zu machen.

Das entscheidungsreife Projekt soll Ende 2017 vorliegen. Das Vorhaben ist laut Bucher nötig, weil der Atelier-5-Bau in die Jahre gekommen ist. Und es ist möglich, weil das Institut für Kunstgeschichte (IKG) der Universität Bern 2018 in das Gebäude an der Mittelstrasse umzieht, das die Uni von den SBB übernimmt. Die Bibliothek, bisher von IKG und KMB gemeinsam genutzt, zieht mit.

Das Vorhaben baut auf früheren Plänen von Architekt Patrick Jordi auf. In deren Mitte steht – wie die Perle in der Auster – zusätzlicher Ausstellungsraum für Gegenwartskunst. Er soll auch für Bildung und Vermittlung dienen. Für dieses Projekt ist die Baubewilligung erteilt. Für die weiteren Elemente soll diese nun ausgeweitet werden.

Stolze Summe

Die Konkretisierung ist Sache einer Projektgruppe unter der Leitung von Peter Keller. Keller ist seit langem engagiertes Mitglied des Stiftungsrats und Mitglied der Finanzkommission. Im Auftragsverhältnis verpflichtet ist das Architekturbüro Jordi + Partner AG. Patrick Jordi ist seit dem Scheitern des ehemaligen KMB-Erweiterungsprojekts «Scala» am KMB zu Gange.

Das Ganze kostet «im momentanen Projektstatus», wie es in der Medienmitteilung heisst, rund 40 Millionen Franken. Davon soll der Kanton Bern aus Budgetmitteln (Investitionsbeiträge aus der Staatsrechnung) und aus dem Lotteriefonds (für den Anteil Wertvermehrung) 80 Prozent oder 32 Millionen übernehmen. Die Federführung liegt bei der Polizeidirektion. Das Gesuch des KMB wird derzeit geprüft. Es mündet in einen Vortrag an den Grossen Rat. Angesichts des voraussichtlichen Kredits dürfte der Beschluss dem fakultativen Finanzreferendum unterliegen.

20 Prozent oder etwa 8 Millionen der benötigten Summe werden von Dritten erwartet. Dritte, das können sein die Burgergemeinde Bern, die Crédit Suisse, weitere Stiftungen und einzelne Private. «Die Gespräche laufen», heisst es.

Wie geht es weiter?

Läuft alles rund, wird der Stiftungsrat Ende 2017 über das Projekt befinden. Mitte 2018 beginnen die Vorbereitungsarbeiten. Anfang 2019 ist Baubeginn und im Sommer 2021 wird das sanierte KMB neu eröffnet.

In dieser Zeit soll das KMB – wie Direktorin Nina Zimmer betont – nie geschlossen sein. Es wird kleinere Ausstellungen geben, und im Stettlerbau soll ein experimentelles Kunstprojekt durchgeführt werden. Zudem will das KMB «ausschwärmen», heisst es, in die Stadt und in den Kanton. Ein neuer Kubus auf dem Waisenhausplatz ist nicht geplant, ansonsten sind der Phantasie keine Schranken gesetzt.

Freihändige Vergabe

Das KMB untersteht der kantonalen Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen. Nach dieser müssen Aufträge oberhalb eines Schwellenwerts – der in diesem Fall weit überschritten wird – öffentlich ausgeschrieben werden. Weshalb hat das KMB den Auftrag an Jordi + Partner AG freihändig vergeben? Es tat dies, weil  seiner Erachtens die Vergabe dringlich war. In der Tat lässt Artikel 7 Absatz 3 Buchstabe d der Verordnung eine freihändige Vergabe zu, wenn die Beschaffung «aufgrund unvorhersehbarer Ereignisse so dringlich» ist, «dass kein offenes, selektives oder Einladungsverfahren durchgeführt werden kann».

Und warum eilt es so? Weil die Klimaanlage dringend ersetzt werden muss, da sie in die Jahre gekommen ist, jederzeit ausfallen kann und dann nicht repariert werden könnte, da sich die Anforderungen an die Kühlmittel seit der Inbetriebnahme verändert haben. Die Klimaanlage gesondert zu ersetzen, wie dies im Stettlerbau geschah, ist für Peter Keller im Atelier-5-Bau keine vernünftige Option – dies müsse zusammen mit der Gesamtsanierung erfolgen, bei der Teile der Klimaanlage auch versetzt werden können. Die Gesamtsanierung baue auf früheren Arbeiten auf, die seit 2008 wesentlich von Architekt Patrick Jordi geprägt wurden. Jetzt das Architekturbüro zu wechseln, hätte eine Verzögerung um 9 bis 12 Monate zur Folge. Deshalb sei die freihändige Vergabe rechtens.