Kunst-Stafette #63: Miko Hucko

von Magdalena Schindler 13. September 2016

Mit der «ARTist-Notline» fragt Miko Hucko, ob und wann wir Kunst als Begriff noch gebrauchen können, ohne uns dabei ins eigene Fleisch zu schneiden. Und sie fordert dazu auf, den öffentlichen Raum neu zu denken.

Was hat dich zu dieser Arbeit veranlasst?

Miko Hucko:

Anstoss für die Arbeit war meine eigene Beschäftigung mit der Frage, ob das, was ich tue, überhaupt noch Kunst ist oder sein soll. Ob Kunst überhaupt noch ist oder sein soll. Der Zorn gegen den Kunstkontext, der viele meiner Überlegungen verharmlost und von der Gesellschaft abspaltet. Und doch: Der hoffnungsvolle Glaube daran, dass Kunst die Welt verändern kann, wenn wir sie als Raum experimenteller Eutopien ernst nehmen und Wege finden, die Experimente in die Gesellschaft zurückzutragen.

Die ARTist-Notline soll Menschen dazu inspirieren, über diese Fragen nachzudenken und bei Bedarf mit mir mitzudenken.Es handelt sich um ein zweistufiges Konzept: Einerseits die wild an Kunstinstitutionen aufgehängten Kontaktzettel, die Reaktionen auslösen – vom Lesen übers Nachdenken bis hin zum Abreissen. Andererseits dann die Telefonate mit erarbeitetem Gesprächsleitfaden sowie der Möglichkeit, einen persönlichen Termin mit mir auszuhandeln. Die ARTist-Notline wurde im Rahmen des 7. Gängeviertelgeburtstags in Hamburg lanciert und tauchte im offiziellen Programmheft auf.

Welchen Raum brauchst du für deine Kunst?

Den sozialen Raum. Das heisst, alles, was kommunikativ oder interaktiv zwischen Menschen passiert, seien es Gesten, Gespräche, Verabredungen, Rituale, Konventionen, Regeln, Gesetze, Geschichte oder Geld. Und stets mit von der Partie ist da natürlich Sprache und ihre Macht.

Sind gesellschaftliche Fragen Thema deiner Kunst?

Immer. 

Suchst du die Öffentlichkeit?

Ja – ich mache zwar Kunst, weil ich sie machen will, aber ich lebe vom Feedback, der Reaktion, der Kritik. Gerade weil ich mich vor allem mit dem sozialen Raum beschäftige, funktioniert meine Kunst (so wir sie denn so nennen wollen) nicht anders.

Wo siehst Du Potential zur Nutzung des öffentlichen Raums?

Generell: Wir sollten beginnen, öffentlichen Raum wieder neu zu denken. In einer kapitalistischen Gesellschaft ist er vor allem Durchgangsort – von einem Konsumort zum nächsten. Ich mag ihn lieber als Aufenthalts- und Kommunikationsort, wie zum Beispiel die Bibliotheken einer sind, Allmenden oder das Eichholz. Diese unterschiedlichen Qualitäten verschiedener öffentlicher Räume gilt es zu analysieren und im Stadtraum anzuwenden.

Persönlich / Künstlerisch: Gerade im Stadtraum ist der öffentliche Raum derjenige, in (an? auf? unter?) dem ganz leicht Realitäten geschaffen werden können, sei es durch ein Objekt, eine Behauptung oder eine Geste. 

Welches ist dein persönlicher Hotspot in Bern?

Der hotteste Spot ist ganz klar die Schützenmatte, sowohl was die Sichtbarkeit aktueller politischer und künstlerischer Debatten anbelangt als auch als Ort, an dem Dinge einfach mal passieren (können).