Kunst-Stafette #42: Adriana Stadler

von Magdalena Schindler 25. August 2015

Einen Abend lang war Adriana Stadler mit einer Stubenlampe im öffentlichen Raum unterwegs. Die Intervention entstand im Rahmen der Diskussion rund um das städtebauliche Vakuum auf der Schützenmatte.  

Was hat dich zu dieser Arbeit veranlasst?

Adriana Stadler:

In der ganzen Diskussion über die weitere städtebauliche Bestimmung der Schützenmatte organisierte die Gruppe «AG NEUstadt» eine Intervention mit Ausstellung zu diesem Thema in der Stadtgalerie. Es ging darum, mit künstlerischen Mitteln den öffentlichen Raum neu zu formulieren.

Mit einer alten Stehlampe, wie sie meine Grossmutter noch hatte, sind wir an einem kalten Winterabend in die Stadt losgezogen und haben uns mit der Lampe, die mit einer Autobatterie mit Strom versorgt wurde, auf verschiedenen Plätzen aufgestellt. Eine Gruppe junger Leute hat uns begleitet. Überall, wo wir uns eingerichtet hatten, sind weitere Leute dazugestossen. Es war eine kleine Gruppe, die sich um das Licht scharte, als ob es ein Feuer wäre und genügend Wärme für alle abgeben würde. Sie haben sich unterhalten, gelacht. Immer wieder sind andere hinzugekommen, neugierig, was da vor sich geht. Ich nenne diese Arbeit «Stube 2.0».

Es braucht stimmungsvolle Orte. Die Lampe soll Licht spenden, einen Kegel mit Wärme ausbreiten. Ein Treffpunkt in der Kälte sein. Eine Stadt braucht Orte, die Veränderungen zulassen. Orte wie Brachen, die eine individuelle Gestaltung und eine vielfältige Nutzung ermöglichen, damit sich die Menschen mit ihrer Stadt identifizieren können.

Eine Irritation, ausgelöst durch einen künstlerischen Eingriff, kann eine neue Sichtweise aufzeigen und Möglichkeiten sichtbar machen. Es können neue Prozesse in Gang gesetzt werden. Vorausgesetzt, man ist offen für diese Entwicklung.

Welchen Raum brauchst du für deine Kunst?

Um künstlerisch zu arbeiten, brauche ich ein Umfeld mit Freiräumen. Arbeiten im öffentlichen Raum benötigen Brachen, Gelegenheiten, sei es durch Wettbewerbe, Eingaben, offene Projekte, niederschwellige Strukturen. Leerräume und Möglichkeiten sind für mich enorm wichtig, leider aber durch die wachsenden bürokratischen Hindernisse fast nicht mehr zugänglich. Vor allem aber brauche ich Raum im Kopf und Zeit, um mich nicht vom alltäglichen Plurp verschlucken zu lassen. Dies ist oft meine grösste Herausforderung.

Sind gesellschaftliche Fragen Thema deiner Kunst?

Da ich eine politisch denkende Person bin, interessieren mich aktuelle Themen sehr. In künstlerisch guten Arbeiten sind die Themen vielschichtig lesbar und aktuell interpretierbar. Politische Inhalte fliessen irgendwie immer ein. Allerdings denke ich, dass plakativ politische Arbeiten eher einer Propaganda dienen und mich langweilen. Kunst soll Inhalte transportieren, Fragen und nicht Antworten.

Wo siehst du Potenzial zur Nutzung des öffentlichen Raums?

Sehr gerne beteilige ich mich an Kunst am Bau-Projekten. Arbeiten, die realisiert werden können, Teil eines Ganzen sind und bestehen bleiben. Dies sind wertvolle Gelegenheiten, sich künstlerisch zu positionieren. Kurze Aktionen im öffentliche Raum in Form von kleinen, spontanen, vergänglichen Eingriffen sind weitere Möglichkeiten, sich den öffentlichen Raum eigen zu machen. Ich freue mich jeweils über die kleinen Zeichen des Aufmüpfens. Stadt neu denken, Orte neu definieren, Plätze umnutzen, öffentlichen Raum benutzen. Die Städter könnten dies noch offensiver tun, nicht nur dort, wo man etwas konsumieren muss.

Welches ist dein persönlicher Hotspot in Bern?

Eindeutig der Progr. Durch das Mitinitiieren der Gruppe Proprogr und das Gelingen, den Progr als Kustproduktionstätte zu erhalten, fühle ich mich im Progr zuhause.