Gnomengarten (I): Vor der letzten Finissage

von Fredi Lerch 12. August 2015

Der Gnomengarten Schwarzenburg hat zwei Monate vor der definitiven Schliessung Hochbetrieb. Was mit den Skulpturen nach dieser letzten Saison geschieht, ist noch nicht klar. Aber es gibt einen Plan.

«Seit meinem Geburtstag am 21. Juni bin ich jetzt AHV-positiv», sagt der Künstler Jürg Ernst und grinst müde. Seit den Rückenoperationen und dem Hirnschlag vor knapp drei Jahren ist die Arbeit im Gnomengarten, in dem Dutzende seiner zum Teil riesigen Betonskulpturen stehen, anstrengend geworden. Und strenger als in den letzten Wochen war sie nie.

Torschlusspanik im Gnomengarten

Auch weil das Fernsehen SRF im «Kulturplatz» Ende Mai prominent darauf hingewiesen hat, ist landauf landab bekannt, dass der Gnomengarten von Schwarzenburg nach den beiden (ausgebuchten) Finissageabenden am 16./17. Oktober definitiv schliesst. Der Garten ist deshalb im Moment so gefragt wie noch nie. Bis Ende Saison wird Ernst an mindestens sechzig anderthalbstündigen Führungen seinem Publikum mit sprachvirtuosen kabarettistischen Einlagen die Geheimnisse seiner Gnomen verraten, ob es nun TeilnehmerInnen von Firmenausflügen, Klassenzusammenkünften und Familienfesten sind oder – in letzter Zeit vermehrt – Kunstinteressierte, die das Untergehende für alle Fälle noch gesehen haben wollen.

«Grundsätzlich sind alle, die den Garten besuchen, begeistert, und wir kommen mit dem Erklären, warum jetzt fertig ist, an kein Ende.»

Maria Messerli

Alle vierzehn Tage ist der Garten auch an den Wochenenden geöffnet. Im Juli kamen pro geöffneten Nachmittag an die 150 Leute, so viel wie noch nie. Für die letzten zwei Monate ist der Garten deshalb nun eine Stunde länger offen (neu: 13.30-17.30 Uhr; Öffnungsdaten hier). «Und immer», sagt Ernst, «erzähle ich das gleiche und versuche dabei, so spontan zu wirken, als käme mir alles eben erst in den Sinn. Und die Leute finden es meist schampar luschtig.» Bei der Betreuung und Bewirtung des Wochenendpublikums arbeitet immer auch Ernsts Partnerin Maria Messerli mit, auch sie eine Künstlerin, die im Gnomengarten unter anderem eine unterirdische Höhle mit eigenen Figuren bespielt. Sie sagt: «Grundsätzlich sind alle, die den Garten besuchen, begeistert, und wir kommen mit dem Erklären, warum jetzt fertig ist, an kein Ende.»

In den fünfzehn Jahren seines Bestehens sind um die 25000 Personen aus der ganzen Schweiz hierher gekommen – zweifellos ein bemerkenswerter Beitrag zur kulturellen Bedeutung dieser Randregion. Selbsttragend war der Garten aber nie. Die finanziellen Defizite trug ein Verein mit rund 500 Mitgliedern und GönnerInnen – und wenn’s nicht reichte, bezahlten Ernst und Messerli privat. Alles in allem wurde der Gnomengarten der Öffentlichkeit zu ausgesprochen idealistischen Bedingungen zur Verfügung gestellt.

Es hätte im Frühling nicht noch den Tod von Messerlis betagter Mutter – die mit ihnen zusammen im Haus gelebt hatte – gebraucht, um zu begreifen: In diesem Jahr geht eine gute Zeit zu Ende.

Das Projekt des Skulpturenwegs Schwarzenburg

Die Maximalvariante, den Gnomengarten vom jetzigen, gepachteten Areal von etwa sieben Aren, das wegen Bauabsichten aufgegeben werden muss, integral auf ein anderes zu zügeln, hat sich erledigt, weil sich dafür kein Geld gefunden hat.

Unterdessen sind einige der Skulpturen an Private verkauft. Und sicher werden einige – insbesondere der monumentale Gartenkönig Pluto – schliesslich im Rahmen eines Happenings von einem Bagger zerstört werden.

Daneben aber gibt es einen Plan: ein Gnomenweg durch Schwarzenburg. Als mögliche Standorte für grosse Skulpturen und Installationen diskutiert man Areale der Stiftung Bernaville, des Pflegezentrums, des Regionalmuseums, der Stiftung Schloss und der Kirchgemeinde. Zusammen mit kleineren Skulpturen, die zum Teil schon heute in Schwarzenburg stehen – einige Schritte vom Bahnhof zum Beispiel das «Zuzügernest» –, könnte ein solcher Weg zu einer touristischen Attraktion werden.

Man muss das Alte irgendwie wegräumen, damit wieder Platz entsteht für Neues.»

Jürg Ernst

Doch die Hürden für die Realisierung des Wegs sind hoch. Die zuständigen Gremien der verschiedenen Institutionen haben noch nicht entschieden. Die Gesamtkosten für seine Einrichtung belaufen sich voraussichtlich auf 80’000 bis 90’000 Franken. Angedacht ist, den Unterstützungsverein des Gnomengartens umzufunktionieren in einen Unterstützungsverein für den Gnomenweg. Aber das allein wird nicht reichen (zur Finanzierung vgl. auch Teil II dieser Berichterstattung).

Rückbau eines «Paradieses»

Jürg Ernst hat fünfzehn Jahre seines Lebens in den Gnomengarten investiert. Immer wieder hört er bei Führungen: «Ihr lebt ja hier in einem Paradies.» Was diese Leute nicht begriffen, sagt Ernst: «Dass wir im Gnomengarten fast vollamtlich arbeiten, damit das Publikum der Meinung sein kann, er sei ein Paradies.»

Abgesehen davon, so Ernst: «Wenn man etwas aufbaut, muss man es auch wieder abbauen. Das gehört zum Prozess, das gehört zu meinem Verständnis von Kunst. Du kannst nicht jeden Gagu, den du gemacht hast, liegen lassen. Es ist gut, dass es Robidog-Säcklein gibt. Man muss das Alte irgendwie wegräumen, damit wieder Platz entsteht für Neues.» Maria Messerli und Jürg Ernst haben Pläne, die über den Gnomengarten hinausreichen.

Lesen Sie morgen: «Gnomengarten (II): Wer will einen Gnomenweg?»