Ogi war da schon abgetreten

von Christian Pauli 30. März 2015

Die dritte Ausgabe der Too Late Show in der Turnhalle hatte einen veritablen Stargast – und etwas gar viel Bern.

Was passiert eigentlich, wenn Adolf Ogi und Matto Kämpf aufeinander treffen? Die Frage hatte in mir eine gewisse Vorfreude entstehen lassen, als ich am Freitag Platz fand im artig versammelten Publikum der dritten Too Late Show im Progr.

Ganz gut würde das passen, so meine Vermutung. Immerhin sind Adolf und Matto ja beide Berner Oberländer – und komisch. Wenn auch quasi komplementär: Während Ogi zur Sorte unfreiwillig komisch gehört, bedient Kämpf ja eher das Programm freiwillig unfreiwillig komisch.

Urweider, der andere Oberländer

Allerdings hatte ich einen weiteren Oberländer nicht auf dem Radar: Raphael Urweider kann auch sehr komisch sein – spätestens wenn er von einem Altbundesrat in den Senkel gestellt wird.

Und schliesslich war mir auch Dominik Gysin nicht gewähr, the talkmaster, der Basel-, Züri- und ganz ordentlich Bärndeutsch spricht. Gysin, der das Pech hat, an den wenigen grossen seines Faches gemessen zu werden, und zugleich die doch recht regional angesetzte Talk-Suppe rühren muss. Aber der Reihe nach.

Nein, nicht der Reihe nach. Lieber Willkür! Hier eine Liste der Tiefschläge und Höhenflüge dieses etwas überladenen Unterhaltungsabends.

Der bizarrste Moment

Adolf Dölf Ogi, der Star des Abends, klopft derart heftig auf den Tisch, dass Moderator Gysin zurückweichen muss. «Alle 25 Sekunden stirbt auf der Welt ein Kind», poltert Ogi, «das darf nicht sein.» Und schlägt noch einmal mit der flachen Hand auf den Tisch.

Huch, gehen dem plötzlich parodistisch wirkenden Altbundesrat grad die Rösser durch? Nein, der Mann hat es faustdick drauf. Er packt uns alle am Kragen: «Sport ist die beste Lebensschule!», schnauzt Ogi etwas später das Publikum in der alten Turnhalle an. Irgendwie hat er, aller bizarren Blüten zum Trotz, auch immer recht, der alte Ogi.

Das Spannendste

Der spannendste Moment entsteht als Raphael Urweider anstelle von Ogi eine ziemlich geniale Ogi-Rede hält, die er aus dem Best Of aller Ogi-Reden zusammen schustert. Brav steht Ogi daneben, und man ist nicht ganz sicher, wie das enden soll. Irgendwie bekommt man fast Mitleid mit dem schweigenden Ich-bin-trotz-Blocher-ein-SVPler, wie Urweider-Ogi mit immer mehr Ogi-Bonmots und -Kalauern um sich schlägt.

Aber Ogi wäre nicht Ogi, wenn er nicht genau in diesem Moment zuschlagen würde. Urweider sei ein guter Lyriker, besser als Ogi, aber halt «kein Speaker», moniert Ogi süffisant.

Der Schwachpunkt

Kommen wir zum schwächsten Moment: Dominik Gysin rapt Jay-Zs «I have 99 problems but a bitch ain’t one», dazu tanzen fünf Girls irgendwas. «What the hell» soll der Scheiss? Ist das eine besonders perfide Verhöhnung der Tatsache, dass in dieser Show Frauen nur Staffage sind? Warum lächelt Frau Feuz auch in dieser Szene nur belanglos vor sich hin?

Tiere ziehen immer

Echte Rührung wiederum erzeugt Zirkus-Maus-Direktor Heini Guggelmann, der sich mit Hund, Katze, Huhn, Rabe und seiner verqueren Person auf die kleine Bühne zwängte. Tiere und Menschen, die es mit ihnen können – das zieht immer gut.

Es herrscht in der Too Late Show tatsächlich öfters mal wieder Freude, die aber ebenso regelmässig von plötzlicher Langeweile verdrängt wird, etwa in der Rubrik «Probleme des Alltags», die King Pepe mit einer Wäscheleine und einer fehlenden Socke bespielte. Dramaturge, hallo, gingst du vergessen? Überhaupt krankte die Too Late Show an diesem Abend ein bisschen am grassierenden Inzest in der Berner Fraktion der lustigen Literaten, Performer und Musiker.

Und, ach ja, der geschmackloseste Witz des Abends geht natürlich auf das Konto von Matto Kämpf: «Deutsche können sich immer durchsetzen – auch im Cockpit.» Dennis Schwabenland wiederum, ein Deutscher eben, durfte als «Blueface» die Moral der Geschichte ziehen, als er nahtlos vom SVP-Parteiprogramm in Hitlers «Mein Kampf» wechselte – Ogi war da schon abgetreten.