Schweizer Musik im Hier und Jetzt

von Kylie Barth 18. März 2014

Kurz nach dem Debutalbum von Jeans for Jesus folgt mit der EP «Videos» vom zürcherisch-bernischen Duo True ein weiterer Beweis dafür, dass die jungen Berner Bands in der Gegenwart angekommen sind. Das freut nicht nur Rico und Daniela von True.

Ihr macht ein ziemliches Geheimnis um euch. Auf eurer Website ist einzig ein Video zu sehen, auf Facebook steht: «It’s not a place, it’s a feeling. We are TRUE.» Fangen wir also damit an: Wie sind eure bürgerlichen Namen?

True:

Wir heissen Rico Baumann und Daniela Sarda.

Und wieso macht ihr so ein Geheimnis um alles? Ist das eine Marketing-Strategie?

Nein, nicht unbedingt. Erstens finden wir, dass die Musik das Wichtigste ist. Ausserdem kommt es sowieso heraus, wer wir sind, wenn wir Konzerte spielen. Erst kürzlich ist die EP herausgekommen und es werden immer mehr Sachen von uns erscheinen. Wir wollen aber auch nicht pressieren.

Sagt doch ein paar Sätze zu euren Personen, damit wir wissen, mit wem wir es zu tun haben.

Wir machen schon sehr lange zusammen Musik. Beide spielen aber auch mit anderen Leuten. Jetzt hat sich die Zusammenarbeit als Duo herauskristallisiert. Wenn wir zu zweit spielen, kommen wir schnell zu einem Resultat.

Wo habt ihr euch kennen gelernt?

Wirklich kennen gelernt haben wir uns in einer Disco in Amsterdam, per Zufall. Und da hat es auch angefangen.

In euren Texten greift ihr Themen auf wie Verletzlichkeit und Begierde. Erzählt ihr in den Liedern eure eigenen Erfahrungen?

Ja, sehr. Die Zeit, in der die Songs für die EP endstanden sind, war für uns beide emotional ziemlich turbulent. Und das ist automatisch in die Musik eingeflossen.

Wie entstehen denn bei euch die Ideen?

Wir setzen uns nicht hin und überlegen, worüber wir jetzt schreiben könnten. Wir spielen einfach und singen für uns selbst oder zusammen und schauen, was dabei herauskommt. Das ist sehr persönlich und deshalb kann man das nur mit jemandem machen, den man gut kennt.

Die Musik der 1980er-Jahre seit ein paar Jahren einen enormen Einfluss auf das aktuelle Musikschaffen. Jetzt tauchen diese Einflüsse auch bei euch auf. Seid ihr nicht schon etwas spät dran damit?

Ich glaube nicht. Die Songs, die jetzt auf unserer ersten EP herausgekommen sind, sind eineinhalbjährig. Es ist ein langer Prozess, bis Musik veröffentlicht ist. Die Songs, die wir mittlerweile machen, tönen schon wieder etwas anders. Der Einfluss ist noch  da, tönt aber mehr nach den 90ern.

Ihr kennt euch schon seit längerem. Weshalb habt ihr erst jetzt gemeinsam eine EP herausgebracht?

Wir sind beide nicht so gut im Organisieren. Wir machen beide extrem gerne Musik und die Vermarktung ist für uns zweitrangig. Wir haben schon Freude, wenn wir es nur für uns haben. Wir sind aber auch froh darüber, dass wir es jetzt veröffentlicht haben.

Anderswo habt ihr gesagt: «Die Lyrics sind ein Prozess musikalischer Telepathie und emotionaler Ehrlichkeit.» Was ist damit gemeint?

Mit Telepathie ist gemeint, dass wir gemeinsam in einem Raum spielen können, ohne zu reden. Bei der emotionalen Ehrlichkeit lassen wir raus, was wir zu diesem Zeitpunkt fühlen. In diesem Moment blendet die Musik alles andere aus. Dazu muss man sich gut kennen, damit man nicht gehemmt ist. Ansonsten kann einem das je nachdem peinlich sein.

In einem Interview mit Withguitars habt ihr gesagt, dass eure Musik stark von Prince und Whitney Houston geprägt sei. Weshalb gerade diese beiden Künstler?

Beide hatten ihre Hochphasen in den 80ern und sie zählten zu den prägendsten Musikern dieser Zeit. Wir sind mit dieser Musik aufgewachsen. Bevor die 80er-Jahre wieder gefragt waren, war diese Ästhetik ein bisschen verpönt. Heute kann man die Stilmittel von damals wieder bringen.

Ihr seid beide ausgebildete Jazzmusiker. Könnt ihr von der Musik leben?

Ja. Wir geben zwar Musikstunden, aber das zählt  für und zu Musik. Wir schwimmen nicht im Geld aber wir leben gut.

Welches Ziel verfolgt ihr mit True?

Es wäre schön, wenn viele Leute unsere Musik kennenlernen – auch ausserhalb der Schweiz. Wir spielen beide auch gerne Live, deshalb freuen wir uns auf möglichst viele Konzerte.

Ihr seid neben Jeans for Jesus eine weitere Berner Band, die sehr zeitgemäss tönt. Ist die Gegenwart in der Berner Musikszene angekommen?

Ich glaube ja und hoffe es. Mich freut es sehr, dass es noch andere solche Bands gibt. Wir kennen Jeans for Jesus gut, deshalb ist der Vergleich sicher auch nicht ganz zufällig. Viele haben das schon getan. Wir finden, dass unsere Musik anders tönt als jene von Jeans for Jesus, aber offenbar merkt man, dass wir auf irgendeine Art geistesverwandt sind. Wir sind froh, dass man unserer Musik die Frische anhört, denn in Bern oder der Schweiz allgemein sollte es mehr solche Sachen geben.

Inwiefern hat euch die Berner Musikszene geprägt?

Wahrscheinlich ist dieser Einfluss recht hoch. Da Bern so klein ist, kennen sich alle, die Musik machen. Das ist cool an Bern: Es gibt keine separaten Szenen, sowie in anderen Städten.

Auf der EP ist ein Remix vom Duo Mercury zu finden. Wie kam es zu dieser Kollaboration?

Zu dieser Zusammenarbeit ist es gekommen, weil ich mit Simon Baumann, der zweiten Hälfte von Mercury, in einem Projekt von Don Li Schlagzeug gespielt habe. Das war zu der Zeit, als wir die EP fast fertig hatten. Jetzt steht noch eine weitere Kollaboration an mit Mel von Mercury.

Im Moment ist am 4. April ein Showcase in der Soon-Art-Gallery in Bern angekündigt. Habt ihr denn überhaupt genügend Songmaterial dazu?

Mit den drei Stücken, die auf der EP sind, kann man natürlich nicht ein ganzes Konzert spielen. Wir haben noch mehr Songs aus der selben Zeit wie jene auf der EP. Die werden wir live ebenfalls spielen – wie die neuen Sachen, an denen wir momentan arbeiten.