Lil Radish, der Vegan-Hotspot im Breitsch

von Jean-Claude Galli 18. August 2020

Nun hat auch das Nordquartier seinen Vegan-Hotspot: Im früheren Mutzebeck an der Schärerstrasse betreibt Outlawz Restaurant und Bäckerei.

Der Name «Lil Radish» stand eigentlich für März in unserer Agenda. Der aus Deutschland eingewanderte, an Top-Adressen ausgebildete Dominik Jünkel hatte mit dem auf vegane Gastronomie spezialisierten Berner Unternehmen Outlawz Food angekündigt, den hierzulande raren Versuch zu wagen, vegane Küche Fine-Dining-mässig umzusetzen. Und zwar an der Schärerstrasse 23, im früheren Mutzebeck der Familie Weibel.

Dann aber trat die «ausserordentliche Lage» ein und verhinderte eine reguläre Eröffnung. Improvisation war das Gebot der Stunde, woraus unter anderem ein veganer Hauslieferdienst entstand. Ab Ende Mai gab es an der Schärerstrasse immerhin einen Teil-Start und ein Angebot, welches schon in den ersten Tagen viele Gäste anzog: pflanzenbasierte Pizzen aus Sauerteig mit fermentierten Auflagen und bunten Toppings. Um die Corona-Massnahmen einzuhalten und aufgrund der mässigen Grösse des Lokals im Take-away-Modus.

Während dieses Corona-Betriebs machten wir uns auf zur mittäglichen Flurbegehung. Ins Auge sprang als erstes die weitherum sichtbare Wandmalerei. Schwein, Huhn und Kuh landen hier nicht auf dem Teller, so die Aussage, sondern gehören zu den Gästen. Das Kochen übernimmt ein kecker Fuchs.

Mit CBD-Pesto

Durch ein ausgeklügeltes Labyrinth ums Haus geschleust, landeten wir vor der bemerkenswerten Auslage: Drei Basics standen zur Wahl, die nach Gusto und Stimmung weiter veredelt werden. Die Parole: «Wir wollen Farbe und Textur, verschiedene Konsistenzen und eine Geschmacksexplosion!» So enthielt die Variante «Strong One» nebst mehrfarbigem Rettich auch Blumenkohl, Broccoli, Karotten und schwarzen Knoblauch. Unter den Toppings figurierten Estragon-Öl, Parmesan, Soja-Aioli, Black Garlic und CBD-Pesto.

Auch wenn das dafür verwendete Cannabis nicht in jenem Umfang Wirkungen zeitigt, welche Gesetzeshüter auf den Plan rufen, stellten wir am späteren Nachmittag doch gewisse Ermüdungserscheinungen fest…

Ein Meister aus Mailand als heimliches Vorbild

Mit einer herkömmlichen Pizza haben die raffinierten Kreationen buchstäblich bloss am Rande zu tun – es handelt sich hierbei eher um Gemüsekuchen auf raffiniertem Niveau, die optisch durchaus Gemälden gleichen.

So ist der Gedankensprung ins Mutterland der Pizza gleichwohl nicht fern: Der Mailänder Spätrenaissance-Meister Giuseppe Arcimboldo (1526 bis 1593) war darauf spezialisiert, aus Gemüsen, Früchten und Blumen verblüffende Porträts und Stillleben zu zaubern. Besonders populär ist sein Jahreszeiten-Zyklus. Anderes ist für Italienfans gewöhnungsbedürftiger. So das erwähnte «Parmezan Topping», bestehend aus Nüssen und dehydrierten Gemüseresten. Ein Musterexemplar gegen Foodwaste; die Grana-Padano-Messlatte wird allerdings nicht übersprungen.

Die Liebe zum Schicksal

Grundsätzlich jede Reise wert ist der Sauerteig, der ohne die marktüblichen, oft Bauchweh verursachenden Back-Beschleuniger auskommt und eine Ruhezeit von mindestens 24 Stunden benötigt, damit er den intensiven Geschmack und das angestrebte Volumen erreicht.

Lobenswert ist im Weiteren das Getränkeangebot. Es enthält Offenbier aus dem Hause Turbinenbräu ZH oder Flaschenspezialitäten der wilden Kerle White Frontier aus Martigny VS. Vorsicht: Nach einem Schluck ihres IPA «Amor Fati» (deutsch für «Liebe zum Schicksal», inspiriert von Friedrich Nietzsche) könnte das Essen Nebensache werden. Ebenso erquickend: der Barbera d’Asti San Martino, ein charakterstarker Naturwein.

Nach dem Lockdown

Die Pizzen sind inzwischen nur noch am Freitagmittag zu haben. Wie von Outlawz-Food-Gründer Kevin Schmid angekündigt, konnte nach dem Lockdown-Betrieb einerseits eine rein vegane Bäckerei an gleicher Adresse eröffnet werden: die «BakeryBakery». Sie war bereits als Winter-Provisorium in der Gelateria di Berna im Breitsch zu Gast. Gratistipps: die vegane Cremeschnitte. Und Nidletäfeli mit Kokosgeschmack, beides vegan natürlich.

Im Restaurant wird jetzt auf Fine Dining gesetzt, also auf Mehrgänger, die man nicht einfach so im Schnelltempo runterschnabelt. Die Preise sind entsprechend hoch: 4 Gänge 76.-, 5 Gänge 90.-, 6 Gänge 102.- und 7 Gänge 114 Franken. Noch vermisst man die stadtbekannten veganen Burger, wie sie die Outlawz-Leute bis vor ein paar Monaten im Lokal an der Speichergasse kredenzten.

Letzte News: «Lil Radish» ist nominiert für den Best Of Vegan Award in der Kategorie Gastro und freut sich über jede Stimme.

Dieser Text erschien während des Lockdowns im «Anzeiger für das Nordquartier». Urs Frieden hat ihn für Journal B aktualisiert.