Pionierin am News-Mikrofon

von Rita Jost 5. August 2020

Kaum zu glauben: Bis vor 50 Jahren wurden der Schweiz am Radio die Nachrichten ausschliesslich von Männern vermittelt. Dann kam Monique Furrer. Sie war die erste weibliche Nachrichtenstimme. Und sie blieb es eine ganze Weile lang.

Es war Heinz Roschewski, der damalige Informationschef bei Radio DRS, der 1970 fand: Jetzt müssen auch Frauen ans Nachrichtenmikrofon. Monique Furrer, eine junge Luzernerin, wurde eingestellt. Die Frau mit dem gepflegten Hochdeutsch – sie hatte jahrelang auf Studentenbühnen gestanden – durfte allerdings anfangs nur im 2. Programm lesen. Dem Publikum im Ersten wollte man diese «Revolution» offenbar erst einmal nicht zumuten. Doch heftige Hörer-Reaktionen blieben aus («oder wurden mir nicht zugetragen» schmunzelt Monique Furrer heute), und so durfte «die erste Nachrichtensprecherin» nach einigen Monaten auch in der Primetime im ersten Programm ans Mikrofon – ganz kurz nachdem die Schweizer Männer im Februar 1971 endlich auf Bundesebene das Frauenstimm- und -wahlrecht angenommen hatten.  An den entsprechenden Abstimmungstag kann sich Monique Furrer allerdings nicht erinnern, wahrscheinlich war sie damals auch nicht im Dienstplan. Aber an viele weitere Abstimmungssonntage denkt sie sehr gerne zurück. Das Teamwork im Dienst einer guten Informationsvermittlung, das habe sie immer sehr gerne gemacht.

Im Nebenamt

Zurück ins Jahr 1970, als die Nachrichten am Schweizer Radio etwas weiblicher wurden. Die Pionierin, die als Ansagerin (unter ihrem ledigen Namen Krieger) beim noch jungen Schweizer Fernsehen einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt hatte, freute sich, dass sie nun etwas anonymer arbeiten konnte. «Ich wohnte in Bern, hatte eben geheiratet, der Teilzeitjob war also ideal für mich». Es waren zwar anfangs nur einige wenige Bulletins im Zweistundenabstand, ein kleines Pensum also, wie alle männlichen Sprecher es auch hatten, aber das war der jungen Sprecherin gerade recht, «meine Kollegen gingen zwischen den Bulletins oft ins Marzili, ich kehrte manchmal schnell heim zur Familie.»

Der Lohn war gering. Man (und frau) wurden per Bulletin bezahlt (40 oder 50 Franken, so genau weiss es die heute 76jährige nicht mehr), aber immerhin: die Männer und die Frau bekamen genau gleich viel Lohn. Die männlichen Sprecher waren übrigens in der Mehrzahl Schauspieler oder Lehrer. Aber es gab auch einen Personalchef und einen Bankbeamten im Team.

The voice – fast 30 Jahre lang

Die Akzeptanz der ersten Kollegin sei in der Redaktion kein Problem gewesen, erinnert sich die Mikrofonpionierin heute. Aber es ging trotzdem noch elf Jahre, bis Monique Furrer mit Christine Grell eine Kollegin bekam. Und doch: Monique Furrer blieb während insgesamt fast 30 Jahren Jahre die weibliche Stimme der Informationsabteilung im Studio Bern. Sie übernahm neben den Nachrichtenbulletins auch viele Sprechaufträge in anderen Sendungen. Ruhig, professionell, mit einem gewissen dunklen Timbre. Es gab Leute, die fanden: Die schönste Frauenstimme am Radio.

Sie selber machte sich nicht viel aus solchen Komplimenten. «Ich habe diesen Job einfach wahnsinnig gerne gemacht», sagt sie. Und sie sei immer sehr interessiert gewesen an den Inhalten, habe Freude gehabt, die Texte stimmlich so zu gliedern, dass die Hörerin und der Hörer sie gut verstehen konnten, sie habe sich auch immer weitergebildet. Selber Nachrichten schreiben wollte sie jedoch nie. Deshalb verlor sie – wie alle anderen Profisprecherinnen und -sprecher – ihren Job bei einer internen Reorganisation im Jahr 2000. Sie arbeitete danach noch sechs Jahre im Regionaljournal, wo sie ihre Beiträge dann allerdings auf Dialekt las.

Heute ist die Nachrichtenpionierin längst pensioniert, ist dreifache Grossmutter und freut sich täglich über den Wandel im Newsjournalismus. «So viele gute Newsmoderatorinnen, Korrespondentinnen und Sprecherinnen, die völlig selbstverständlich in gemischten Teams einen Superjob machen», schwärmt sie, «es ist eine Riesenfreude!» Gerade eben habe sie wieder die neue 10vor10-Moderatorin Bigna Silberschmidt gesehen. Die wirke so natürlich und authentisch. Überhaupt: die Information in den elektronischen Medien habe sich in den letzten fünfzig Jahren sehr positiv verändert – «gerade auch durch die Frauen!»