Mein 2015: Janine Michel

von Janine Michel 27. Dezember 2015

Mein 2015 war geprägt von Umbrüchen, von Veränderungen und dem dafür notwendigen Loslassen. Der ständige Wechsel ist die – scheinbar einzige – Konstante. Einmal kriechend langsam und windend, einmal rasend schnell und mit voller Wucht. Veränderung schmerzt nur allzu oft.

Nach dem Schmerz stellt sich bisweilen, ab einem gewissen Punkt, ein wohliges Gefühl der Erleichterung ein. Der Schmerz lässt nach, das Atmen fällt wieder leichter. Sobald die Veränderung akzeptiert wird, kann es weitergehen.

Dieses Weitergehen ist ein zentraler Punkt des Heilungsprozesses und absolut unerlässlich. Denn das Schwierigste ist das «dazwischen» sein. Mit einem Fuss in der alten, bekannten und vertrauten Welt und mit dem zweiten irgendwo in der Luft, ohne Halt und Sicherheit. Veränderung muss angenommen werden – und manchmal muss man sie sogar suchen.

Sicherheit ist ein Trugschluss

Das Leben ist turbulent und ohne irgendwelche Garantien. Die Veränderungen kommen unerwartet oder werden selbst herbeigeführt. Menschen, die – willentlich oder nicht – aus unserem Umfeld verschwinden; neue Bekanntschaften, die zur persönlichen Horizonterweiterung führen; eine berufliche Neuorientierung oder das Älterwerden an sich – alles verändert uns, kratzt an dem sorgfältig aufgebauten Selbstbild und lässt uns unsere Grundsätze und Vorstellungen überdenken.

Den Wandel zu ignorieren wäre töricht, wenn nicht sogar weltfremd. Doch der Wunsch nach Sicherheit und Schutz ist gross. All die Millionen von Ver- und Absicherungsmöglichkeiten, als würden wir vom Teufel selbst gejagt. Sachversicherungen, Transportversicherungen, Personenversicherungen, Versicherungen gegen Viren (virtueller und realer Natur), ja sogar das Leben selbst wird «versichert».

Der Wunsch nach Kontrolle bestimmt einen grossen Teil unseres Lebens vom Klingeln des Weckers bis zu dessen Programmieren. Verständlich, denn zu glauben, dass man alles im Griff habe, gibt uns Ruhe und Geborgenheit. Aber diese Geborgenheit ist ein Trugschluss, denn sicher sind – wie schon Benjamin Franklin sagte – nur der Tod und die Steuer.

Windmühlen statt Mauern

Wenn Sicherheit also nicht existiert, warum nicht die Unsicherheit umarmen? Mit offenen Armen in neue Welten treten, unvoreingenommen auf Unbekanntes zugehen und die Schönheit neuer Erfahrungen entdecken. Wir können zwar nicht bestimmen, wer oder was und zu welchem Zeitpunkt etwas ändert, aber wir können bestimmen, wie wir mit der Veränderung umgehen.

Wir können Veränderung als etwas Gutes sehen, das uns lehrt, immer weiter zu gehen und zu wachsen. Ganz im Sinne des chinesischen Sprichwortes: «Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühle.» Ich habe mich entschieden, Windmühlen zu bauen.