Neuer Quartierarbeiter im Breitenrain

von Janine Michel 29. September 2015

Er ist vom Tscharni in den Breitsch gekommen und darf nun als erstes bei der Integration von Flüchtlingen mithelfen: Andreas Rohrbach, 57-jährig, Quartierarbeiter.

Mein Quartier ist der Breitsch. Hier hat es Brockis statt Vorurteile, wie Wortkünstler Renato Kaiser kürzlich im Journal B schrieb, hier kann ich in der HalbZeit jedes YB-Auswärtsspiel verfolgen, hier wollen sich die Bewohner aktiv für die Integration von Flüchtlingen einsetzen und auch deshalb fühle ich mich hier zuhause. Jetzt hat dieser Breitsch einen neuen Quartierarbeiter: Andreas Rohrbach, vorher 13 Jahre im Tscharnergut aktiv. Er sagt: «Es gibt nicht das beste Quartier – es gibt verschiedene Quartiere und jedes ist für andere Ansprüche und Bedürfnisse geeignet.» Der Stadtteil V (Breitenrain/Lorraine), so wurde ihm berichtet, sei chaotisch – «das isch guet eso», sagt Andreas Rohrbach, der seinen Job als Quartierarbeiter im Mai 2015 startete.

Die neuen Tätigkeiten Rohrbachs gliedern sich auf dem Papier einfach: 20% Leitung Quartierzentrum Wylerhuus und 80% Quartierarbeit. In der Realität gestaltet sich sein Arbeitstag aber definitiv komplizierter. Als Quartierarbeiter hat er täglich alle Hände voll zu tun. Kein Tag gleicht dem anderen, und am Ende ist es die Kunst, im Hintergrund zu bleiben und die Quartierbewohner/-innen zu motivieren, selbst aktiv zu werden. «Die Bevölkerung soll ihre Anliegen  selbständig erfüllen können, ich gebe nur Starthilfe», erklärt Andreas Rohrbach. Wir sitzen im Bistro des Quartierzentrums Wylerhuus. Immer wieder kommen Gäste, und er kennt sie fast alle, grüsst sie mit Namen und wechselt mit einigen ein paar Worte. Hier und da gibt es ein Schulterklopfen. Man kennt sich hier.

Spezielles Engagement für Flüchtlinge

Obwohl er erst seit kurzem Leiter des Quartierzentrums Wylerhuus ist, bekommt man den Eindruck, er sei schon seit langem Teil des Hauses und des Quartiers. Andreas Rohrbach, ehemaliger Lehrer und Vater zweier erwachsener Kinder, ist als Quartierarbeiter Ansprechperson für (fast) alle Anliegen der Quartierbewohnenden. Ob Strassenfest, Spielplatz oder neue Begegnungszone – mit allem kann man sich bei ihm melden.

Ganz speziell für ihn ist das Engagement für die Flüchtlinge. Seit dem 21. September 2015 ist die Kollektivunterkunft Viktoria in der alten Feuerwehrkaserne in Betrieb. Andreas Rohrbach wurde von der vbg, die als Dachorganisation die Berner Gemeinwesenarbeit betreut, zum Koordinator zwischen dem Verein «Alte Feuerwehr Viktoria», der Kollektivunterkunft Viktoria (geleitet durch die Heilsarmee-Flüchtlingshilfe) und der Quartierbevölkerung ernannt. Konkret bedeutet das, eine möglichst gute Integration der Kollektivunterunterkunft mitsamt ihren Bewohnenden im Quartier zu erreichen.

Kleider gespendet

Bis zu 150 Flüchtlinge wird das Asylzentrum aufnehmen. Viele hilfsbereite Berner haben sich bereits als interessierte Freiwillige gemeldet, unzählige Kleidungsstücke wurden gespendet, die Offenheit und Akzeptanz ist sichtbar. Das freut auch Andreas Rohrbach. Im Anzeiger für das Nordquartier machte er schon konkrete Vorschläge: «Wir werden den Menschen zeigen, wo sie den Fussballplatz und das Quartierzentrum finden, oder mit ihnen Quartierrundgänge unternehmen.» Ihm schwebt auch vor, dass Freiwillige Deutschkurse anbieten oder Zeitungen in einfachem Deutsch herstellen, um sie dann mit den Asylsuchenden zu lesen.

«Willkommen heissen» und «Hilfe zu Selbsthilfe», das wird jetzt benötigt. Alles andere kommt mit der Zeit. Das weiss auch Andreas Rohrbach. Zuallererst müssen die Flüchtlinge ankommen und sich an ihre neue Situation gewöhnen. Ganz banale Dinge lernen wie: Wo kaufe ich Zahnpasta? Wo gibts  einen Ort der Ruhe? Wie löse ich ein Billett am Automaten? «Kleinigkeiten für uns werden zu elementaren Fragen für die neu Angekommenen», sagt der neue Quartierarbeiter zum Schluss eines langen, interessanten Gesprächs.