Altstadt: Mehr Mix statt mehr vom Gleichen

von Katharina Altas 3. Februar 2015

In Gedanken laufe ich durch eine beliebige mittelgrosse europäische Altstadt. Mir fällt auf, dass ich überall Mc Donald’s, Starbucks oder H&M finde. Es scheint, als verschwinde die lokale Vielfalt aus unseren Innenstädten.

Das Angebot in den Innenstädten mitteleuropäischer Städte gleicht sich immer mehr an. Die finanziell potenten Filialisten prägen das Stadtbild. Aber schätzen wir auf unseren Städtereisen nicht alle jene Städte, in denen das lokale Gewerbe und die einheimische Gastronomie ihren Platz haben, in denen heimische Jungdesignerinnen und -designer auch in der Innenstadt zu finden sind und zu einem lebendigen Mix beitragen? Städte, in denen das Angebot vielfältig ist und sich von dem, was wir schon kennen, unterscheidet? Wir wollen eigentlich weniger vom Gleichen. So auch in der Berner Altstadt, die allein schon weil sie zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, sowohl von ihrer Bausubstanz als auch von ihrer Funktion her entsprechend der Tradition geschützt werden muss.

Münstergass-Märit

Samstags auf dem Münstergass-Märit treffen sich alle Buy-local-Fans, dieses Markteinkaufserlebnis, bei dem die meisten Händler einen Bezug zu ihrer Ware haben und jede Rübe, jeder Kohl und jeder Fisch aus der näheren Umgebung kommen, bei dem man sich mit Freunden auf einen Samstags-Kaffee trifft. Ohne nostalgisch sein zu wollen, schreib ich hier gegen die Geiz-ist-geil-Mentalität an, gegen das immer mehr vom Gleichen und gegen die Immobilien-Spekulation in der Berner Altstadt.

Wohin mit den Banken?

Mit der Motion «Keine weiteren ‘toten’ Schaufenster in der Berner Altstadt» möchte ich nichts weniger erreichen, als dass die Berner Altstadt lebendig bleibt. Dass zufällig drei Banken als Beispiele herhalten mussten, liegt schlicht und einfach daran, dass sie die jüngsten und auffälligsten Beispiele einer Entwicklung sind. Natürlich braucht es auch Banken. Aber müssen sie so abweisend wirken und müssen sie denn unbedingt an bester Passantenlage ihre Zelte aufschlagen? Können Läden ohne Laufkundschaft nicht auch in den oberen Geschossen der Altstadt untergebracht sein?

Vielfalt als Trumpf

Als sechsjährige kam ich zum ersten Mal nach Bern. Ich kann mich erinnern, wie ordentlich und dörflich ich Bern empfunden haben. Mit den vielen Brunnen und den schönen Bauwerken wirkte es sehr aufgeräumt und beschaulich auf mich. Damals 1973 waren die Berner Gassen noch nicht so bevölkert wie heute. Ich bin in einer kleinen Ruhrgebietsstadt aufgewachsen, wo der Kohlenstaub in meiner Kindheit noch eine gelbliche Patina auf den Häuserfassaden hinterlassen hat. Der Charme des einen kann nicht mit dem des anderen aufgewogen werden. Auch Ruhrgebietsstädte haben ihren ganz eigenen urbanen und spröden Charme. Aber als Wahl-Bernerin empfinde ich die Berner Altstadt als schmucken Ort. Damit die Altstadt nicht zur Kulisse verkommt und sie lebendig bleibt, muss der Verlust der Vielfalt in der Berner Altstadt verhindert werden.

Aus meiner Sicht braucht es einen guten Mix. Es braucht die Metzgerei genauso wie einen guten Bäcker, es braucht Antiquitätenhändler ebenso wie Galeristen, Möbelläden, Buchhandlungen oder Schmuck- und Kleiderläden. Es braucht Orte, wo Ideen sich entfalten können und Bars, wo man einen Absacker nehmen kann genauso wie Coiffeure und Restaurants. Es ist eben diese Diversität, die eine Stadt authentisch macht.

Lösungswege

Im Vorstoss wird vom Gemeinderat die Anpassung der Bauordnung und der Erlass einer Planungszone verlangt, um dem Spekulantentum etwas Einhalt gebieten zu können. Die Lauben sollen primär dem Detailhandel, dem Gast- und Kleingewerbe und Kulturbetrieben vorbehalten sein. Bei der Revision der Bauordnung sollte die in der Berner Altstadt ansässige Bevölkerung mit einbezogen werden. Die Dachorganisation «Vereinigte Altstadtleiste von Bern» wäre der richtige Ansprechpartner, um die Anliegen von Gewerbe und Anwohnenden im Unesco-Weltkulturerbe miteinzubringen.